Nach einem
kurzen Aufenthalt in New York zu den US Open flogen wir weiter nach Nashville, um von dort unseren Roadtrip durch die Südstaaten der USA zu starten. Wir fuhren durch insgesamt 8 Bundesstaaten des Südens. Dies ist der Bericht zum erste Teil unseres Roadtrips von Nashville über New Orleans bis Alabama. Dieser Abschnitt ist für Leute, die sich für Musik interessieren und mit einem Country-Cowboy-Lifestyle zurecht kommen.
Tennessee
Wer in Nashville ankommt, taucht tief ein in die amerikanische Musikgeschichte und -Gegenwart. Auf dem Broadway reiht sich eine Musikbar an die andere, nur unterbrochen durch Shops für Cowboy-Hüte oder Stiefel. Nüchtern betrachtet ist der Broadway eine einzige Partymeile, auf der Junggesellen-Abschiede gefeiert werden und Best-Ager ihrer Musikvergangenheit nachtrauern. Die Ästhetik der Stadt ist, wie bei vielen amerikanischen Städten, eher überschaubar. Daran ändert auch das State Capitol nichts, das wie ein Fremdkörper über der Party-Stadt trohnt.
Wir starteten den Musikteil unserer Reise mit einem Besuch des Johnny Cash Museums, was knapp 30 Dollar kostet und jeden Cent wert ist, auch wenn man kein Cash-Fan sein sollte.
Tagsdarauf besuchten wir die Country Music Hall of Fame. Dort ist Musikgeschichte wertig und ansprechend aufbereitet mit vielen US-Künstlern, die den meisten Europäern nichts sagen dürften, aber trotzdem hervorragende Musik gemacht haben.
Die RCA Studio Tour – wo u.a. Elvis und Roy Orbison Aufnahmen gemacht hatten – ist zwar weniger spektakulär, aber halt ein historischer Ort für Musikliebhaber wie uns:). Alles zusammen kostete 50 Dollar. Das Museum allein hätte rund 30 Dollar gekostet.
Abwechslung zum Party-Trubel um den Broadway findet man an der 12th Avenue South zwischen Kirkwood und Ashwood Avenue. Dort ist ein Vorstadt-Bohemian-Viertel gewachsen mit Bars, Shops und Restaurants in entspannter Südstaaten-Atmosphäre. Der Straßenzug ist in 15 Minuten erreichbar und bietet eine schöne und ruhigere Alternative zum Bar-Live-Music-Hopping im Zentrum.
Fazit: Nashville ist ein Must für Musikfans und eine perfekte Einstimmung auf einen Südstaaten-Roadtrip. Die Stadt liegt gut 2 Stunden Flugzeit von New York entfernt. Der Flug mit Southwest kostete rund 100 € pro Person. Wir nahmen unser Mietauto auf und waren in 20 Minuten in der Stadt.
Memphis ist die etwas trashige Blues-Rock-Variante von Nashville. Die berühmte Beale Street gleicht einer leicht ranzigen Ansammlung von Saloons und kann mit Nashvilles Broadway nicht konkurrieren.
Beeindruckend ist ein Besuch des Civil Rights Museums im Lorraine Motel, wo Martin Luther King ermordet wurde.
Die Elvis-Gedenkstätte Graceland liegt etwas außerhalb Richtung Süden und wirkt von außen wie ein kitschiges Disney-Land für den King. Den teuren Eintritt haben wir uns gespart und sind weiter gecruised nach Hernando, wo wir ein Super 8 Motel fanden. Ein paar Minuten weiter kann man in ACs Restaurant ganz ordentlich essen.
Fazit zu Memphis: Kann man auslassen. Beim nächsten mal würde ich eher den Natchez Trace fahren – von Nashville nach Natchez.
Mississippi Delta und Arkansas
Wir kreuzten am nächsten Tag weiter nach
Clarksdale mitten ins Mississippi Delta. Es war Sonntag und durch Zufall stolperten wir in eine Gospel Messe, was uns perfekt einstimmte auf diese mystische und gleichzeitig verarmte Region mit Baumwollfeldern der Vergangenheit und trostlosen Städten der Gegenwart. Wir empfehlen
diesen Film von Nick Johnson, der ein realitätsgetreues Bild vom Delta zeichnet.
Auf der westlichen Seite des Mississippis kreuzten wir durch Arkansas nach Vicksburg mit seinen imposanten Brücken. Ja, Mississippi ist der ärmste Staat der USA, landschaftlich wenig spektakulär und bietet doch wunderschöne Plätze wie Natchez. Wir fanden eine traumhafte Unterkunft in einer alten Südstaaten Villa: das Clifton House mit Blick über den Mississippi für 100 Dollar inkl. Frühstück.
Unser Sundowner Bier und Seafood genossen wir in Natchez under the hill im Magnolia Grill mit perfekter Restaurant-Lage und 1a Mississippi Stimmung.
Louisiana
Mitte September kratzt das Thermometer an der 40 Grad Marke. Man überlegt zweimal, bevor man das kühle Auto verlässt. Man sollte aber auf jeden Fall einen Abstecher zu einer der
Antebellum Villen der ehemaligen Plantagenbesitzer machen. Herausragend fanden wir die
Rosedown Plantation in St. Francisville. Der Eintritt war mit 7 Dollar fair bemessen für einen schönen Spaziergang im Schatten der Magnolien.
In Baton Rouge, der Hauptstadt von Louisiana, machten wir kurz Mittagspause. Über 100 Grad Fahrenheit ließen uns schnell flüchten aus der ohnehin wenig attraktiven Stadt. Sogar das State Capitol schaut aus wie ein Sozialismus-Bau in Warschau.
Drei Tage hatten wir für New Orleans und Umgebung geplant. Berühmt ist die Stadt für Jazz und ihre Bourbon Street, die wir aber für etwas abgefuckt hielten: zu viel teurer Trink-Tourismus, u.a. mit Cocktails aus dem Automaten… Musik-Freunde finden ihr Glück eher in Fritzel´s Jazz Club oder in den Clubs der Frenchman Street. Unser Tip ist der Mahogany Jazz Hall in der Chartres.
Die Fahrt mit einem Mississippi-Schaufelraddampfer Fahrt ist ein Once-in-a-Lifetime-Must (für 30 Dollar). Die Aussicht von Bord ist so lala und die Bordband trällert a bissl Jazz zum Boarding und Finale. Trotzdem war es für uns ein schönes Erlebnis.
An Land bewegt man sich in Nola am besten mit der Tram. Der Tagespass kostet drei Dollar und die Straßenbahn-Linien erschließen alle relevanten Plätze und Stadtteile. Wir fuhren beispielsweise mit der Tram zum Abendessen in den Garden District. Entlang der Magazine Street gibt es entspannte Alternativen zum Downtown-Trubel, etwa bei Joey K´s mit gemütlichen Tischen vor der Tür.
Eine Swamp Tour ist Pflicht während eines Aufenthalts in New Orleans. Die Cajun Adventures in der Nähe von Slidell sind – laut Tourismus-Office – die umweltfreundliche Variante ohne Speedboats und Klamauk. Wir erreichten sie mit eigenem Auto in 45 Minuten. Ex-Marine Captain Steve manövrierte uns in der 2-Stunden-Tour geschickt durch die Sümpfe mit Alligatoren,Waschbären, Schildkröten und Vögeln aller Art. Danach empfahl er uns ein Mittagessen bei Jazz´s Pete in Slidell – wo Shrimp-technisch kein Wunsch offen bleibt.
Sweet Home Alabama?
Wir verlassen Louisiana Richtung Osten auf der US 90 immer entlang der Küste. Bay St. Louis, Mississippi, lockte mit schönen Brücken und netten Läden. Wir konnten widerstehen und fuhren einfach weiter. Wir müssen ja Kilometer schrubben. Biloxi wurde uns als Hotspot angepriesen, wirkt aber auf uns turbo-kapital-touristisch. Die erste Strandreihe ist voll gepflastert mit Casino-Hotels. Hier regiert das Geld. Cowboys in der Bonzen-Variante.
Im Wort Alabama schwingt der ganze Sound der Südstaaten mit. Aber was hat der Staat für Touris wie uns zu bieten? In Reiseführern ist kaum Nennenswertes zu finden. Daher ließen wir uns im Welcome Center von zwei erfahrenen alten Ladies über die Vorzüge von Alabama aufklären. Sie nannten zuerst einen Flugzeugträger und an zweiter Stelle „viel gutes Essen“. Danach schickten sie uns nach Dauphin Island, weil wir eine ruhige Insel ohne Casinos und Hochhäuser suchten. Was sie verwundert zurück ließ.
Dauphin Island ist, wie von den zwei alten Ladys angekündigt, eine kleine schmucke Natur-Insel. Die Strände des Golfs von Mexiko sind hier ungefähr so weiß und weich wie Puderzucker. Im Kontrast dazu ist das Meer fast schwarz und war über 30 Grad warm. Trotz der Hitze ging kaum ein Mensch ins Wasser. Sind das noch die Folgen von Deepwater Horizon? Oder des Frackings, wodurch täglich verdrecktes Wasser in das Meer geleitet werden darf. Keiner konnte oder wollte dazu eine brauchbare Aussage treffen, nicht einmal die State Park Ranger.
Alabama wirkt noch ein Stück Cowboy-mässiger als der Rest der Südstaaten. Hier wird die gute alte Tradition in jeder Lebenslage gepflegt. Am besten soll wohl alles so bleiben, wie es immer war: Fahrer in Cowboystiefel in fetten RAMs, schillernde Casinos, ringsrum Sümpfe mit Alligatoren und zu jeder Tageszeit Nachos mit Shrimp-Käse-Sauce. Nach ein paar Tagen hatte sich dieses Muster bei uns überlebt.
Irgendwie hatten wir nicht das Gefühl, dass sich Alabama nord- und landeinwärts wesentlich ändern würde. Daher entschieden wir uns für die Flucht nach Osten durch Florida Richtung Atlantik. Wir sollten es nicht bereuen. Weird State of Alabama.
Hand aufs Herz: soll man da hinfahren oder nicht?
Für alle, die Country oder Blues Musik lieben und den Original-American-Way-Of -Life mögen, lautet die Antwort: zu 100% ja!
Für Weltreisende, die sich den Globus in jeder Ecke anschauen wollen, würde ich das auf das mittlere Drittel der Reisepläne setzen.
Für uns beide war der Roadtrip in dieser Phase nicht immer schön, aber immer cool. Oder wie Gabi es auf den Punkt bringt: „Es ist nicht so wie in den Nationalpark des Westens, wo man vor lauter Spektakel gar nicht mehr aus dem Staunen rauskommt. In den Südstaaten muss man sich die schönen Plätze zusammen suchen. Aber die sind dann wirklich sehenswert.“
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