Reisezeit und Dauer
Rund ums Jahr fast rund um die Uhr
Rund ums Jahr fast rund um die Uhr
Zugegeben: Ein großer Shopping Fan bin ich nicht. Und wenn ich mich an die Ufer des Konsumrauschs verirre, schau ich mir das Theater aus sicherer Entfernung an. So auf langen Reisen und noch längeren Wartezeiten auf größeren Flughafen. Da vertrete ich mir meist die Beine und das führt mich zwangsläufig an vielen Duty Free Shops vorbei.
Früher galt Duty Free Shopping als Schnäppchen-Paradies. Man konnte sich einreden, vieles günstiger einzukaufen – nämlich zum Nettopreis ohne Mehrwertsteuer. Dann kam die EU und mit ihr zerbröselte der Vorteil für Einkäufe auf Reisen innerhalb der EU. Später bog der Online Preisvergleich als Konkurrent ums Eck. Nun sieht man öfter Schilder mit Versprechen, dass man die Online Preise schlage oder dass man bei Whiskey 20 % spare gegenüber „normalen“ Geschäften.
Aber all diese rationalen Argumente sind im Grunde Makulatur. Kein Mensch will in dieser Situation Vergleichspreise wissen. Beim Shopping im Duty Free oder Travel Value Shop setzt der Verstand aus. Der Einkauf am Flughafen scheint allein getrieben durch eine Mischung aus Langeweile, Vergesslichkeit, Aktionismus und Nächstenliebe.
Sehr gefragt und am ehesten mehrheitsfähig sind Geschäfte für Reisebedarf, Drogerien oder Apotheken. Manch Reisende haben Adapter, Deo oder Aspirin zuhause vergessen. Andere fürchten, dass ein Antritt der Reise ohne Nackenstütze, zweite Zahnbürste oder doppeltes Schmerzmittel einfach zu riskant wäre. Nicht wenige mutieren am Flughafen plötzlich zu Leseratten und decken sich mit Büchern ein, die am Ende des Urlaubs maximal angelesen, meist nur angeknickt sind. Gleichzeitig scheinen Flughäfen immer mehr zu Appetizern zu werden. Kaum ist man durch die Sicherheitskontrolle, schon drängt es uns ans Erdnuss-Regal. Es folgt der Sturm auf´s Buffet, um Flugspeck anzusetzen für die lange Reise. Der Aufbau von Wasservorräten für den Flug scheint Anordnung der Welt-Gesundheitsorganisation. 4€ für 0,5 Liter – das muss uns unser Überleben wert sein.
Natürlich ist es nur nett gemeint, den lieben Zuhausegebliebenen ein Souvenir mitzubringen. Die meisten Souvenirs sind aber so geschmacklos und überflüssig, dass man sie nicht unter den Weihnachtsbaum zu legen wagte. Kaum ein anderes Produkt, außer vielleicht Party-Mitbringsel, dürfen gefühlte Geschmacksgrenzen dermaßen offensichtlich ignorieren – und trotzdem auf Wertschätzung hoffen – wie Souvenirs. Vor allem Asiaten stürzen sich auf die Ramschregale. Hoffentlich nur aus kontinentaler Verbundenheit zur Produktion in China.
In manchen City-Lagen warten Verkäufer händeringend bis gähnend auf Kunden. Auf Flughäfen verzeichnen sogar Läden von Luxuslabels wie Gucci, Hermès, Rolex oder Tiffany Frequenz: Man sieht mehrere Kunden zur gleichen Zeit in den Boutiquen. Damen stellen fest, dass sie für die eben erworbenen Kosmetikartikel unbedingt eine zweite Handtasche brauchen. Herren finden endlich mal Luft für eine neue Uhr. Krisengeschüttelte Paare überwinden ihr Tief mit einem Abstecher zu Cartier. Sogar teure Füllfederhalter finden auf Flughäfen das letzte handschreibende Publikum der Welt. Besonders gut besucht sind Flughäfen-Shopping-Meilen im Nahen Osten wie Qatar oder Dubai. Dort sind ganze Scheich-Clans am Wochenende unterwegs mit dem Auftrag, den Überfluss auf dem Konto abzubauen. Bei Wochenend-Ausflügen nach London oder Paris fegen sie durch die Boutiquen. Eine Mitarbeiterin verriet mir: „Die kaufen ganze Regale leer. Alle Größen. Irgendwem passt das schon daheim.“
Natürlich jammert auch die Duty Free Branche. Aber Fakt ist: Die Zahl der Flugreisenden ist in den letzten Jahren explodiert und damit das Kundenpotential für Duty Free Shops. Deren Preise sind intransparent bis irrelevant. Ist ein Jäckchen von Desigual für 138 € teuer, schön oder egal, Hauptsache meins? Die Spannen für die meisten Produkte sind enorm hoch. Konsumenten scheinen den Verstand in der Sicherheitskontrolle zu lassen und ergeben sich willig und gelangweilt dem Konsum. Vielleicht kann der stationäre Handel in den Innenstädten daraus etwas lernen für den Wettbewerb gegen Online Shopping. Es gibt Gefühle, die stärker sind als Preisvergleiche.
Duty Free Shops sind Geschäfte zwischen Zollstellen an Flughäfen oder Fähren, wo Waren angeboten werden, auf die weder Zoll noch Mehrwertsteuer erhoben werden.
Es gibt zahlreiche Artikel im Netz, die Preisvorteile einzelner Flughäfen nach Produktkategorien herauszuarbeiten versuchen. Wen dies wirklich interessiert, der kann heutzutage schneller über Online Preisvergleichs-Portale Ergebnisse erzielen. Für die irrational shoppende Mehrheit ist es egal.
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