Reisezeit und Dauer
9 Tage Anfang September 2019
9 Tage Anfang September 2019
Unser letzter Roadtrip lag zwei Jahre zurück. Mein Freund Hinnerk meinte, Georgien wäre mal eine Reise wert. Gesagt, getan. War eh wieder mal Zeit für einen gemeinsamen Roadtrip. Georgien soll ja ganz groß im Kommen sein. Also schnell hin, bevor die Massen das Land erobern. Noch ist das Leben entspannt, ländlich und ohne Hektik. Daran muss man sich erst mal wieder gewöhnen…
Kutaissi Straßenszene
Die Anreise ist easy peasy. Wir kamen um 5.00 Uhr morgens mit dem Flieger aus Budapest (wizzair) in Kutaisi an. Die Stadt wird auch ab Memmingen und anderen deutschen Flughäfen angeflogen. Für die Einreise reicht der deutsche Reisepass. Wir nahmen ein Taxi für 50 GEL ins Zentrum. Bus würde 5 GEL kosten – aber um 5 Uhr morgens stand uns der Sinn nicht nach Bus. Mit dem Taxi waren wir schnell da und stellten fest. Wir hätten dem Hotel avisieren sollen, dass wir so früh kommen. So warteten wir eine Stunde vor dem Eingang. Self Schuld. Dafür entschädigte das neue Hotel Gala Boutique mit gutem Standard, sauberen, gepflegten Zimmern mit Bad. Wir schliefen erstmal aus und schlichen dann zum Frühstück, das reichlich und bodenständig gut war. Dann wurde es ernst mit uns und Georgien.
Bagrati
Kutaisi ist Provinzhauptstadt mit allen Versorgungseinrichtungen und ein paar Sehenswürdigkeiten. Dazu zählt auf jeden Fall die Bagrati Kathedrale über der Stadt. Den Rest der Stadt kann man, wenn man schon mal da ist, im Vorbeigehen mitnehmen: wie die White Bridge, der Hauptplatz, die Seilbahn oder den Markt.
Die Stadt ist ein guter Anlaufpunkt, um den Westen Georgiens zu entdecken und sich zwischen den Etappen zu erholen. Die sozialistische Vergangenheit wird grad emsig überbaut. Schon heute lassen Gasthäuser wie das Hacker-Pschorr ahnen, wie in ein paar Jahren hier die Post abgehen wird. Restauranttipps:
Seilbahn Kutaisi
Knappe 5 Stunden Fahrt über kleinere Landstraßen bringen uns von Kutaisi nach Mestia. Falls jemand überlegt: Den Abstecher zum Marvtili Canyon kann man sich schenken, wenn man jemals eine Mini-Schlucht in den Alpen gesehen hat.
Ansonsten ist die Strecke durch West-Georgien Richtung Swanetien malerisch und ländlich. Die Straßen sind gut in Schuss und man muss nur auf Kühe, Schweine oder sonstige lebende Hindernisse aufpassen.
Stausee auf Weg nach Mestia
In Mestia machten wir Wandertouren auf das Mestia Cross, den Hausberg mit tiptop Aussicht. Die Wanderung ist kurz und steil: Wir brauchten 2 Stunden rauf und 1 Stunde runter. Übrigens: Man kann auch hochfahren mit 4 WD. Es gibt ein paar wenige heikle Passagen aber mit etwas Vorsicht ist die Strecke ohne Probleme machbar.
Am gleichen Tag nachmittags fuhren wir zum Gletscher Chalaadi. Erst mit dem Auto 15 Minuten von Mestia bis zum Straßenende, dann 1 h zu Fuß bis zum Gletscher. Man kommt auch zu Fuß nicht ganz ran an das Gletscher-Eis, aber lohnenswert ist die Wanderung trotzdem.
Am Tag danach wollten wir auf den Mt. Zuruldi. Erst ging es mit Lift auf die Mittelstation und dann weiter zu Fuß zur Bergstation. Das ist eine schöne leichte Wanderung für 1 h, die mit abschließendem Bierchen auf der Mittelstation gekrönt werden kann.
Mestia ist ein idealer Ausgangspunkt, um den Großen Kaukasus zu erkunden mit Tagestouren oder mehrtägigen Wanderungen. Davor und danach lässt es sich in Mestia schön abhängen. Der Ort ist touristisch sehr gut erschlossen und die Stimmung ist noch entspannt.
Unsere Lieblings-Restaurants in Mestia: Laila, Posta und Lile.
Chalaati Glacier
Stand September 2019 ist die Straße von Mestia nach Ushguli gut zu befahren und nur ab und an wird die Beton-/Teerdecke unterbrochen. Eigentlich braucht man nicht einmal einen 4WD. Die Bedenken einiger Reiseführer wegen der Straße können wir nicht teilen.
Ushguli ist UNESCO Weltkulturerbe, aber ehrlich gesagt: Wenn man nicht grad Bucket-List-Jäger ist, dann reicht auch Mestia. Die Mischung aus Landschaft, Wehrtürmen und Lage ist vergleichbar. Ushguli ist nur ein Stück beschaulicher und touristisch gerade erst am Aufwachen. Restaurants, Cafés und Guesthouses wachsen aus jeder Ruine.
Die Fahrt mit dem Auto von Ushguli über den Zagar Pass nach Lentheki hatte es in sich. 80% waren gut befahrbar, aber 20% der 75 km führen über eher unwegsamen, steinigen oder matschigen Untergrund. Ohne 4WD geht nix. Und man bringt lieber etwas Ruhe und Erfahrung am Steuer mit. Das gilt wohl auch die nächsten Jahre, weil so lange werden die Georgier brauchen, um eine durchgehende Straße zu bauen. Insgesamt waren wir rund 3 Stunden von Usghuli bis Lentheki unterwegs und von dort nochmal – dann auf tiptop Straße – eine Stunde nach Kutaisi. Die Fahrt ist atemberaubend schön und das kleine Abenteuer wert. Go for it!
Ushguli Altstadt
Von Kutaisi nach Tiflis fuhren wir rund 4 Stunden netto. Dazwischen streuten wir Stops ein in Gori, der Geburtsstadt Stalins, samt Museum. Ich würde 4 von 10 Punkten auf der Sightseeing-Skala vergeben für Stalins Erinnerungsstätte. Außer man steht auf Diktatoren.
Wesentlich attraktiver fanden wir die Höhlen von Uplisziche und die frühere Hauptstadt Mzcheta vor den Toren von Tiflis. Für beides sollten man zwei Stunden einplanen inklusive Kaffee oder Schaschlik.
In Tiflis blieben wir zwei Nächte im Top Gold Hotel. Das scheint mir die „richtige“ Fluß-Seite zu sein für Übernachtungen. Wir durchquerten die Altstadt, besichtigen ein paar Kirchen, stiegen auf die Festung und wanderten von dort auf einem rosa Treppenpfad bis zum Mtasminda Park für ein Mittagessen.
Die Stadt ist lebendig. Die Fassaden der ersten Reihe werden poliert. Im Hinterhof ist der sozialistische Verfall noch präsent. Ich würde sagen: In Summe eine Stadt, die man gesehen haben kann. Ein Tag in Tiflis reicht. Unterkünfte, Restaurants und Bars gibt es genügend und in jeder Kategorie.
…werden hoch angepriesen in Reiseführern. Der Ort selber ist bestenfalls mittelmäßig attraktiv. Den Beinamen „Baden Baden Georgiens“ konnten wir nicht nachvollziehen, zumal nicht mal viele Russen anwesend waren. Der Nationalpark wirkt wie ein Mittelgebirge (Bayerischer Wald). Im Nachhinein wären wir lieber zwei Tage länger in Mestia geblieben.
Über den Zekari Pass ging es zurück nach Kutaisi. Auch diese Straße ist gut und entspannt zu befahren und führt durch traumhafte Landschaften. Die Bauarbeiten für die neue Pass-Straße sind in vollem Gang und dann dürften sich mehr Touristen auf den Pass wagen. Wir waren fast allein unterwegs.
Zekari Pass Straße
Unseren letzten Nachmittag verbrachten wir in den Prometheus Caves nahe Kutaisi. Ich wurde von Hinnerk in die Höhlen überredet und muss sagen: Da hab ich schon schlechtere Tropfsteinhöhlen gesehen mit weniger Russen. Nach einem Abschluss-Schaschlik schliefen wir die letzten paar Stunden in unserem Stammhotel, dem Gala Boutique Hotel. Um 4 Uhr ging der Wecker und die wunderbare Reise ging zu Ende. Abflug.
Wir wollten eigentlich auch in die Region Kazbegi. Das Wetter war jedoch nicht einladend im Osten und Nord-Osten Georgiens. Deswegen haben wir auch die Weingegend Kachetien vom Plan gestrichen. Gesundheitlich hätten sich Bergwanderungen und Weinbergbesuche wohl die Waage gehalten.
Wir sind sehr flexibel gereist, haben unsere Route nach Wetter und auch sonst spontan ausgerichtet. Das geht problemlos in Georgien, weil es immer LTE Empfang gibt für booking.com & Co und weil genügend Auswahl bereit steht. Also schwingt euch auf!
Georgien ist bereit für euch.
Georgien investiert in Tourismus. Es gibt reichlich gute Hotels und Restaurants und ein gutes Straßennetz, das vielleicht ab und an besser ausgeschildert sein könnte. Also Augen auf an Abzweigungen!
Wir fanden ein sicheres, sauberes Land vor – kaum Müll in den Städten oder an den Straßenrändern, was in Schwellenländern keine Seltenheit ist. Georgien ist hier eine bemerkenswerte Ausnahme. Gleichzeitig bleibt es ein Land im Aufbau und die Spuren des Sozialismus sind noch gut sichtbar. Verfallene Häuser und ein paar Löcher in den Straßen sind nicht schön aber Teil der Umgebung – genauso wie Toskana Häuser im Bayerischen Wald.
Mit Englisch kommt man gut durch. Es ist oft zu lesen, dass Georgier sehr freundlich sind. Wir haben auch ein paar postsozialistische Muffel erlebt. Den Spaß am Service und in der Gastronomie hat höchstens jeder Zweite entdeckt. Da ist Luft nach oben.
Free WIFI gibt es in nahezu jedem kleinen Café, oft auch an öffentlichen Plätzen. LTE Empfang ist – anders als in Deutschland – in jedem drittklassigen Kaff verfügbar.
Man kann vieles mit Bussen machen, braucht dann aber mehr Zeit. Zug gibt es angeblich auch, steht aber nicht zur Debatte. Wir hatten nur 9 Tage und entschieden uns für die Option „Selbstfahrer“. Eine gute Entscheidung: Die Straßen sind ordentlich und auch im Gebirge weitestgehend ohne Probleme befahrbar. 4WD würden wir empfehlen. Dazu eine gute (online) Karte.
Achtung auf Tiere auf der Straße oder manchmal auf Löcher. Bei dosiertem Tempo besteht keine Gefahr. Also alles halb so wild.
Das Tankstellennetz ist dicht. Restaurants findet man in größeren Orten. Sonst helfen Kioske, Cafés und Bars über die Runden.
Die Polizei ist präsent und macht regelmäßig Kontrollen auf Geschwindigkeit und Überholverbot – also besser an die Regeln halten.
3 Lari sind etwa 1 Euro 2019. Für georgisches Bier zahlten wir 3-5 Lari, für eine Mahlzeit zwischen 6 und 14 Lari. Für Übernachtung gaben wir ca. 30 – 50 Lari pro Person und Tag aus und wählten stets guten Standard. In Tiflis darf man das Doppelte veranschlagen. Ein Liter Benzin kostet ca. 2.40 Lari.
Bezahlen kann man fast überall mit Karte oder iPay:). Cash brauchten wir nur für Taxi, Kioske oder Imbisse.
Die georgische Küche ist frisch, variantenreich und lecker. Die Teigwaren mit Käse oder Fleisch sind etwas schwer. Unser Liebling wurde Kubdari, eine swanetische Pizza-Version mit Fleischfüllung. Schaschlik, BBQ mit Salat und gegrilltem Gemüse sind die leichteren Varianten. Bier ist gut und überall erhältlich. Georgien ist bekannt für Rotwein. Wir machten gute Erfahrung mit Red Dry. Probiert haben wir auch Brandy und ChaCha, das Nationalgetränk, mit über 80% (einmal und nie wieder).
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