Reisezeit und Dauer
Anfang Mai 2018
Anfang Mai 2018
Unser nächstes Ziel auf der Reise durch Südchina war die Provinz Guangxi. Mit dem Nachtzug aus Lijiang kamen wir in aller Herrgottsfrühe wieder in Kunming an. Hier mussten wir nicht nur Zug, sondern auch Bahnhof wechseln. Unser Schnellzug nach Nanning in der Provinz Guangxi fuhr nämlich ab Kunming South. Wir empfehlen wieder einmal das Taxi (bzw. DiDi). Die Fahrt dauert in etwa 30 Minuten. Laut Wikipedia scheint eine direkte Zugverbindung zwischen Kunming Main und Kunming South in Planung.
Kunming South ist nicht etwa ein kleiner Vororts-Bahnhof, sondern ein riesiger, ultramoderner Komplex, von dem ausschließlich Schnellzüge abfahren. So einen nahmen wir dann auch in Richtung Osten nach Nanning. Die Fahrt dauerte noch einmal etwa 5 Stunden und kostete 35 Euro.
Nanning ist die Hauptstadt der Provinz Guangxi und mit rund 7 Millionen Einwohnern ungefähr so groß wie Kunming, zeigt sich aber anders als Kunming einerseits als riesengroße Baustelle voller Motorroller (was eindeutig an das nahegelegene Vietnam erinnert), andererseits als moderne Metropole mit eindeutig westlichem Einfluss. Die wirtschaftliche Lage ist hier offensichtlich gut. Es scheint sich viel getan zu haben in den letzten Jahren. Es gibt eine sehr ordentliche U-Bahn, mit der man schnell und günstig von A nach B kommt. Wir würden eine Unterkunft in der Nähe der Haltestelle Xinmin Road empfehlen, da sich in dieser Ecke das Leben abspielt.
Absolutes Highlight der Stadt war für uns der Nightmarket in der Zhongshan Road. Hier kann man exotisches, sehr lecker zubereitetes Essen zu günstigen Preisen probieren und in die berühmt-berüchtigte chinesische Snack-Küche eintauchen. An zwei Abenden dort hatten wir unter anderem:
Nach Nanning gekommen waren wir aber eigentlich nicht wegen der Küche, sondern vielmehr aufgrund der Detian Waterfalls an der chinesisch-vietnamesischen Grenze. Das gestaltete sich aber schwieriger als gedacht. Laut Reiseführer und Internet gibt es einen Bus, der täglich zu den Wasserfällen fährt. Wir hatten aber keine Ahnung, wie der zu organisieren sein soll und wo der abfährt. Hinzu kommt, dass in Nanning wirklich niemand Englisch spricht, nicht einmal die Basics. In 2 Tagen haben wir zudem nur 2 andere “Western Tourists” gesehen. Nach einiger Zeit des Suchens und vielen be- bzw. überfragten Nanningern fanden wir schließlich heraus, was es zu tun gilt:
Tickets erhält man im Nanning International Tourism Distribution Center in der Nähe des Hauptbahnhofs in der You’ai South Road. Abfahrt ist dann am nächsten Tag um 8:30h morgens an der Langdong Passenger Station, die sich etwas außerhalb am Autobahnring befindet, jedoch mit der U-Bahn Linie 1 vom Bahnhof in einer knappen halben Stunde sehr bequem zu erreichen ist.
Für Hin- und Rückfahrt zahlt man 130 RMB, also rund 15 Euro. Die Fahrt zu den Wasserfällen ist zwar landschaftlich sehr beeindruckend, dauert aber etwa 5 h. Daher sollte man, sofern man sich gegen eine Nacht vor Ort entscheidet, in jedem Fall den letztmöglichen Bus zurück um 17h wählen.
Wir würden von einer Übernachtung an den Wasserfällen abraten, da man für die Besichtigung wirklich nicht mehr als 3 Stunden braucht. Die Busse sind bequem und halten alle 1,5 h an einer Raststätte, was die Reise erträglicher macht. Für die Wasserfälle selbst zahlt man noch einmal 125 RMB pro Person (Studenten zahlen die Hälfte!).
Vor Ort gibt es ein gut ausgebautes Touristenzentrum mit einigen Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten. Die Wasserfälle liegen mitten im Dschungel, es ist drückend schwül. Man sollte festes Schuhwerk, Mückenspray und auf jeden Fall seinen Reisepass mitnehmen, da man sich hier im unmittelbaren Grenzgebiet zu Vietnam befindet. Wir wurden auf Hin- und Rückfahrt im Bus von Militärpolizisten kontrolliert, was jedoch ohne Probleme verlief und recht schnell ging.
Raucher, denen die ohnehin schon günstigen chinesischen Zigaretten noch zu teuer sind, können sich auf dem angrenzenden Vietnamese Bazar mit Ware aus dem Nachbarland eindecken. Ansonsten gibt es hier eigentlich nur Ramsch.
Die Detian Waterfalls selbst sind wirklich spektakulär und auch wenn die Fahrt dorthin nicht unbedingt angenehm ist, sollten sie auf keiner Guangxi-Reise fehlen. Man folgt einem vorgegebenen Weg durch das Areal und sieht die Fälle so erst von unten und dann von oben, wobei jeder Aussichtspunkt den vorherigen noch übertrifft.
Am nächsten Morgen ging es mit dem Schnellzug weiter nach Guilin, etwa 2,5 Stunden in nördlicher Richtung. Traditionell ist Guilin eines der Aushängeschilder des chinesischen Tourismus und schon zu Mao’s Zeiten wurden hierhin wichtige ausländische Staatsgäste eingeladen. Die 5 Millionen Einwohner Stadt ist in einer beeindruckenden Landschaft zwischen Hügeln erbaut und liegt malerisch am berühmten Li River, den jährlich tausende Touristen mit Flößen hinab treiben. Doch dazu mehr im nächsten Teil.
In Guilin waren wir im perfekt gelegenen Central Hostel untergebracht, wo wir ein schönes Doppelzimmer mit privatem Bad für etwa 20 Euro die Nacht bezogen. Mit dem Taxi war die Unterkunft vom Bahnhof in 15 Minuten zu erreichen. Geleitet wird das Hostel von einer netten jungen Dame mit sehr gutem Englisch, die uns dabei half, die Ausflüge für die nächsten Tage zu buchen.
Guilin selbst ist geprägt vom Tourismus, was sich auch auf den Straßen der Innenstadt bemerkbar macht. Diese sind gesäumt von Lokalen, Bars, Ramschmärkten und Touristenläden. Die Stadt lebt aber vielmehr von der umliegenden, wirklich beeindruckenden Natur, von den beiden Seen, die inklusive der obligatorischen Pagoden mitten im Stadtgebiet liegen sowie vom angenehmen Klima.
Für die 2,5-stündige Fahrt dorthin mit dem Minivan inklusive Eintritt zahlten wir über das Hostel rund 20 Euro. Vor Ort hat man die Wahl zwischen drei verschiedenen Aussichtspunkten, von denen man die weitläufigen Reisfelder überblicken kann. Einer der drei Punkte ist sogar mit einer Gondel erreichbar, für die man noch einmal etwa 10 Euro zahlen muss.
Wir entschieden uns für die Wanderung zu Fuß, die in etwa zwei Stunden in Anspruch nahm und uns ganz schön ins Schwitzen brachte. Einzige Voraussetzung ist wiederum lediglich gutes Schuhwerk. Die beste Zeit für einen Besuch ist Anfang Mai, wenn die Reisterrassen gewässert werden und sich im Sonnenlicht spiegeln und der Herbst, wenn alles farbenfroh leuchtet.
Einmal mehr waren die Pfade wirklich schlecht ausgeschildert und man sollte in jedem Fall eine Karte bei sich haben, um sich nicht zu verlaufen. Auf dem Weg läuft man durch Dörfer, die noch heute von der dort ansässigen Minderheit bewohnt werden, die (wohl zu touristischen Zwecken) in traditioneller Kleidung herumlaufen und Wasser, Kunst, Gewürze und sogar riesige Steine und Statuen verkaufen. Die Verkaufszahlen von 100 Kilo-Klötzen und Chili-Säcken auf schweißtreibenden Wanderungen hätten uns schon einmal interessiert. Reis, als scheinbar adäquavatestes Souvenir eines Besuchs der Rice-Terraces, konnte man als einziges Lebensmittel nicht erstehen. Nicht nur hier merkt man, dass der chinesische Massentourismus noch nicht vollständig entwickelt ist. Nichtsdestotrotz war der Ausflug zu den Longji Rice Terraces ein tolles Erlebnis und sollte fester Bestandteil jedes Besuchs in Guilin sein.
Neben all der schönen Natur ist die Provinz Guangxi und besonders die Region um Guilin bekannt für Hundefleisch-Gerichte. Für viele Menschen der westlichen Hemisphäre ist das sicherlich ein Tabuthema, wir wollten aber unbedingt einmal probieren. Die chinesische Küche war für uns auf unserer Reise ein wichtiger und schöner Bestandteil und generell gehören kulinarische Aspekte unserer Meinung nach mindestens genauso zur Kultur eines Landes wie z.B. Kunst, Sprache oder Religion.
Laut unserer netten Hostelbesitzerin waren wir tatsächlich die ersten Ausländer, die sich nach Hund erkundigten. Sie suchte uns eines der besten Restaurants für Hundefleisch der Stadt heraus, das sich etwas abseits des Touri-Trubels befand. Auf Bing (Google ist bei der Suche nach Hundefleisch nicht sehr hilfreich…) kann man unser Xujun Dog Meat Restaurant finden, das in der Longzhu Road 8 im Norden der Stadt liegt.
Wir wählten das laut Empfehlung der Hostelbesitzerin beste Gericht, Huang men gou rou (黄焖狗肉). Das Fleisch erinnerte am ehesten an Rind, hatte aber eigentlich einen recht eigenen Geschmack. Eine chinesische Kellnerin bereitete unsere Mahlzeit am Tisch auf einem kleinen Gasgrill zu. Als Beilage gab es Spinat und Reis sowie Bier.
Nach einigen sehr leichten chinesischen Bieren am Vorabend konnten wir am nächsten Morgen sogar einmal ein wenig länger liegen bleiben. Als nächstes Ziel stand Yangshuo auf dem Plan, das ca. 50 km flussabwärts liegt. Wir hatten uns (gemeinsam mit etlichen tausend anderen Touristen jeden Monat) für die klassische Methode entschieden, um dorthin zu gelangen: Mit dem Bus bis zum Anlegepunkt, dann die berühmtesten paar Kilometer des Li River mit dem Floß hinab treiben, um dann etwa 1 h später wieder vom Bus eingesammelt zu werden und weiter nach Yangshuo zu fahren. Das Gepäck kann man solange im Bus aufbewahrt lassen. Dieses Paket bekamen wir im Hostel für etwa 25 Euro. Alternativ kann man auch die Reise mit dem “Big Boat” wählen und von Guilin nach Yangshuo direkt durchfahren. Das kostet rund 50 Euro und dauert 4 h (“it is very boring”), ist aber sicherlich eine Überlegung wert.
Für uns kam ohnehin alles anders als geplant, denn der Li River hatte Hochwasser und die Flöße durften nicht auslaufen. Da uns das Big Boat zu teuer war, entschieden wir uns, die komplette Strecke nach Yangshuo mit dem Bus (ca. 1,5h) zu fahren. Im Nachhinein war das eigentlich gar keine so schlechte Entscheidung, zumal wir so auch viel Geld sparen konnten.
Stattdessen nahmen wir uns nämlich am nächsten Tag in Yangshuo einen Motorroller für 110 RMB (14 Euro) und fuhren die Strecke wieder flussaufwärts bis zur Stadt Xingping, dem Dreh- und Angelpunkt der touristischen Schifffahrt auf dem Li River.
Dank des Rollers kann man sich komplett frei bewegen und ist unabhängig von überbuchten Bussen und unpassenden Abfahrtszeiten. Der chinesische Verkehr ist im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern eher zahm und es wird auf jeden Verkehrsteilnehmer Rücksicht genommen.
Rund um Xingping findet man die klassischen Fotomotive, unter anderem die Szenerie, die auf dem 20 RMB Schein abgebildet ist. Man kann hier gute 2 Stunden verbringen. Auf dem Rückweg sollte man noch einen kurzen Abstecher zum Moon Hill machen, der etwas südlich von Yangshuo liegt. Er ist in 40 Minuten bequem zu besteigen (feste Schuhe!) und von oben hat man einen tollen Blick über die ganze Landschaft.
Bevor wir den Roller pünktlich um 19h zurück brachten, besuchten wir noch einen Markt, der von unserem Reiseführer explizit als “non-tourist” ausgeschrieben wurde. Schnell merkten wir warum: Alles wimmelte von (noch) lebenden Tieren, Fleisch lag ungekühlt in der Hitze auf den Marktständen und neben Hundehälften hätte man hier laut Aufschrift auch Katzenfleisch kaufen können, Insekten sowieso. Ein ziemlich unangenehmer Geruch lang in der Luft und es herrschte großes Tamtam. Einer der authentischsten, wenn auch nicht schönsten Momente unserer Reise. Bilder haben wir uns gespart. Jeder soll für sich selbst entscheiden, ob er so etwas sehen möchte oder nicht.
Das Kontrastprogramm dazu gibt es einige Kilometer weiter rund um die West Road im Zentrum von Yangshuo, wo sich auch unser Hostel, das “Travelling With” befand. Dieses können wir an dieser Stelle wieder gerne empfehlen. Neben dem freundlichen Staff, sauberen und günstigen Zimmern und perfekter Lage besticht es vor allem durch die gemütliche Dachterrasse mit anschließender Bar.
Das Zentrum von Yangshuo selbst besteht fast ausschließlich aus Restaurants, Massagesalons, Bars und Souvenirshops – also aus Allem, was das Touristenherz nun mal scheinbar begehrt. Das ganze wirkte bisweilen sogar ein bisschen trashig. Die Qualität des Essens kam lange nicht an das heran, was wir sonst gewohnt waren und die Preise waren hier mit am gesalzensten. Bier für 5 Euro? “Nicht mit uns”, haben wir uns gesagt und verbrachten den Abend stattdessen gemütlich auf der Terrasse unseres Hostels (Bier für 10 RMB!).
Yangshuo ist bekannt für seinen “Beer Fish”, einen Karpfen aus dem Li River, der im Biersud gegart wird. Da wir wie immer neugierig waren und das Ausprobieren neuer Gerichte gewissermaßen Bestandteil unserer Reisephilosophie geworden ist, ließen wir uns eine Portion servieren. Sie wurde zum mit Abstand teuerstem Essen des Urlaubs (fast 50 Euro für 2 Personen). Der Beer Fish war tatsächlich recht schmackhaft und zart, wir hätten ihn jedoch wohl jederzeit gegen 6 gegrillte Knoblauch-Austern vom Nanninger Nachtmarkt eingetauscht.
Wer Lust hat, das Epizentrum des Tourismus der Provinz Guangxi kennenzulernen und mal wieder ein bisschen Western-Food zu essen, der ist in Yangshuo richtig. Für alles andere, was die Region wirklich ausmacht, nämlich der legendäre Li River und die Rice Terraces, reicht auch ein Besuch im weitaus mehr authentischen Guilin aus.
Die Unterkünfte bieten jede Kategorie an. Und die Kost reicht von bekannten chinesischen Gerichten bis zu allem, was bei drei nicht auf dem Baum ist und dann im Wok oder auf dem Grill landet. Essen in Guangxi ist ein Abenteuer per se.
Die Infrastruktur von Zügen und Bussen ist schon sehr gut – auch in Südchinas Provinz Guangxi. Gleichwohl kann man bei den Transportkosten richtig sparen, wenn man sich Zeit nimmt und nicht auf die populären, offensichtlichen Touristenangebote springt, sondern Alternativen sucht. Und die gibt es zuhauf.
Thomas Bily, Welfenstrasse 68, 81541 München
Telefon +49 151 580 550 91, E-Mail info@rockingtravel.com
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