Reisezeit und Dauer
Eine Woche Ende Februar 2017
Eine Woche Ende Februar 2017
Zum 25. Hochzeitstag Ende Februar wollten wir eine Woche ausbrechen, ein neues Land entdecken, dafür nicht allzu weit fliegen und angenehme Temperaturen genießen. Wie wär´s mit eine Rundreise in Israel? Keine 4 Stunden Flug ab München, mit etwas Glück 20 Grad und sicher viel Kultur, Geschichte und Mythos. Auf geht´s! Einmal im Leben sollte man das gesehen haben.
Der erste Mythos liegt in der Anreise: Aus Sicherheitsgründen gibt es einen speziellen Terminal F in München. Man solle 3 Stunden vor Abflug am Flughafen sein. Dann werde man befragt und gefilzt. Fakt war: Wir waren 3 Stunden vorher da. Der Check-in begann 2h 30 min vor Abflug. Wir waren 2h 25 min vor Abflug voll abgefertigt und saßen dann die Zeit ab im Terminal F. Bei der Heimreise das gleiche Bild: Ein paar Fragen des Sicherheitspersonals. Sonst lief alles ruck zuck und problemlos. Von schwierigen Einreiseformalitäten keine Spur. Es geht eher ganz normal über die Bühne. Ohne Mythos.
Wir landeten auf dem Ben Gurion Flughafen zwischen Tel Aviv und Jerusalem: idealer Ausgangspunkt für unsere Rundreise. Die erste Überraschung kam mit dem Mietwagen: Man erhält einen Code, den man in ein kleines Gerät eintippen muss vor dem Anlassen – wie eine Geheimzahl am Bankautomaten. Sonst geht nix. Die Fahrt ins Zentrum dauert außerhalb des Berufsverkehrs keine 30 Minuten. Tagsüber muss man sich auf dichten Verkehr mit Staus gefasst machen im Großraum von Tel Aviv und Jerusalem. Also lieber etwas mehr Zeit einplanen. Auf dem Land läuft es entspannt. Die meisten fahren verhalten und hupen viel, scheinbar aus Gewohnheit. Die Orientierung fällt leicht. Die Orte sind gut ausgeschildert und wenn ihr mich fragt: Google Maps auf dem Handy reicht vollkommen für die Navigation. Zumal das ganze Land von einem ausgezeichneten Mobilfunkempfang überzogen ist. WLAN ist in Bars, Hotels und Restaurants meist kostenlos.
Weitere Besonderheiten: Beim Eintritt in palästinensische Gebiete gibt es eine kurze Kontrolle wie an einem Grenzübergang. Weitere Eigenheiten: Die Polizei fährt immer und überall mit Blaulicht. Vor allem in Jerusalem ist viel bewaffnetes Militär unterwegs. Aber daran gewöhnt man sich schnell.
Die Atmosphäre war in Tel Aviv und im Norden des Landes ziemlich entspannt. In Jerusalem war zu spüren, dass das Nebeneinander der Religionen und Weltanschauungen auf engstem Platz sich jederzeit entladen kann. Auf uns wirkte es wie – momentan – austariertes Gleichgewicht unter Hochspannung. Die entlädt sich täglich in kleinen Scharmützeln, die Touristen gar nicht mitbekommen. Angst hatten wir nie; aber das beklemmende Gefühl, dass die Fassade jeden Moment brechen könnte. Ein paar Wochen später gab es einen größeren Zwischenfall, der es bei uns in die Tagesthemen schaffte. In Israel ist es der Alltag.
Was Shopping betrifft, ist Israel durch und durch kapitalistisch. Epizentrum der Geschäftemacherei ist die Altstadt von Jerusalem. Unzählige Händler bieten Tür an Tür mehr oder weniger den gleichen Ramsch „Made in China“ an – wobei sie natürlich sagen, das wäre alles handgemacht. Grabtücher, Monstranzen und Obstschalen – vieles ist Fake. Wenn ihr was Echtes kaufen wollt, geht zu einem der Händler mit eigener Herstellung vor Ort, etwa für Porzellan im armenischen Viertel.
Wir merkten beim Essen schnell, dass wir nicht mehr in Europa waren. Es werden ganz andere Speisen angeboten, kaum Wurst, wenig Schweinefleisch und alles ist etwas anders gewürzt. Ich würde sogar sagen: Angesichts der Tatsache, dass sie auf den Märkten säckeweise Gewürzen verkaufen, ist das Essen fade gewürzt. Egal: man kann ja immer nachtunen.
Vorspeisen sind offenbar Pflichtbestandteil eines Essens. Sie kommen nicht selten in 10-20 verschiedenen Schälchen und quasi automatisch auf den Tisch, außer man sagt explizit „nein“. Also: Vorsicht bei der Dosierung des Appetits. Frühstücksbuffets in Hotels sind auf internationales Publikum ausgerichtet. Da sollte jeder was finden vom Honigbrot bis zum Heringseintopf. Überrascht waren wir in Sachen Wein. In Israel gibt es sehr gute Tropfen, unter anderem von den Golan Höhen, die man in Deutschland nur als Kriegsgebiet kennt. Ausprobieren lohnt sich. Die Preise für Alkohol liegen im Staate Israel etwas höher als bei uns. Was mehr eine Glaubensfrage zu sein scheint als eine Frage der Produktionskosten.
Unsere erste Station. Wir kamen abends an im Mendeli Street Hotel an, was eine angesagte Location zu sein scheint. 1A Lage, coole Bar, schöne Zimmer, leckeres Essen und ausgezeichnete Weine – rundherum empfehlenswert und außerhalb der Saison auch bezahlbar. Das Parkhaus war wenige Minuten entfernt – so ein Mietwagen will ja auch seinen Platz.
Um Tel Aviv herrscht aktuell ein ziemlicher Hype. Zu den Fakten: Das wilde Strandleben fällt im Februar weg. Die Bauhaus-Architektur ist ganz nett, aber wohl nur für Fans atemberaubend. Die Altstadt mit ihren Märkten, allen voran dem Carmel Markt, ist bunt, lebendig und sehr einladend mit vielen Cafés und Bars. Jaffa, die malerische Touristenstadt am Meer, geht nahtlos über in Tel Aviv. Man erreicht die Altstadt von Jaffa bei einem schönen Spaziergang zu Fuß. Einkehren kann man in das bekannte The Old Man and the Sea, wo man die schöne Lage am Meer mit zig anderen Touristen teilt und gut satt werden kann, bevor man mit dem Bus zurück in nach Tel Aviv fährt. Alles in allem würde ich nicht mehr als 2 Tage für Tel Aviv+Jaffa veranschlagen.
Unser nächstes Ziel war Haifa. Auf dem Weg, eine Stunde nördlich von Tel Aviv, liegt Cäsarea Maritima, eine ehemalige Kreuzfahrer-Festung. Heute findet ihr dort eine große Ausgrabungsstätte mit Hippodrom, Theater, Aquädukt und Hafenanlagen. Ein 2-stündiger Stopp mit Spaziergang am Meer lohnt sich auf jeden Fall.
Haifa liegt eine weitere Stunde Richtung Norden. Die berühmten hängenden Gärten, Bahai Gärten, sind leider nur zum Teil und in Gruppen zu besichtigen. Darauf haben wir verzichtet, denn der Anblick der Gärten ist von unten eh am schönsten. Und die Aussicht von den Gärten kann man im oberen Teil umsonst genießen. Unterhalb der Gärten ist das Gebiet der deutschen Kolonie mit Restaurants und Hotels. Wir speisten solide im Douzan und wohnten im Crowne Plaza, was feudaler klingt als es war. Allein die Sicht vom Zimmer auf den Hafen war umwerfend. Ein Nachmittag und der folgende Vormittag reichten vollkommen für Haifa.
Zur alten Hafenstadt Akko dauert es nur ein halbes Stündchen von Haifa. Nehmt euch unbedingt ein paar Stunden Zeit für die Altstadt (Unesco Weltkulturerbe), die gewaltige Zitadelle, die unterirdische Kreuzfahrerstadt mit den Templer-Tunneln und die Moschee. An einem der zahlreichen Stände oder in einem der kleinen Restaurants lässt sich gut und günstig essen. Akko war bislang der Höhepunkt unserer Reise. Unverhofft kommt oft.
Rosh Hanikra mit seinen Kreidefelsen ist der nordwestlichste Punkt von Israels Küste und liegt an der libanesischen Grenze. Die ist so hermetisch abgeriegelt, dass der Eiserne Vorhang einladend erschien im Vergleich. Ich war mir nicht sicher, ob die Touristen und Schulklassen wegen der Natur am Kreidefelsen oder wegen des Nervenkitzels an der Grenze kommen.
Als katholisch erzogener Bayerwäldler fällt es einem schwer, Nazareth links liegen zu lassen. Aber die arabisch geprägte Stadt wird sogar in Reiseführern, die sonst alles in den Himmel loben, als hässlich bezeichnet. Also schossen wir direkt weiter zum See Genezareth. Am Berg der Seligpreisungen, Ort der Bergpredigt, genossen wir den Blick über den See und biblisches Land mit Tiberias und Kapernaum.
Wir übernachteten in Tiberias im Shirat Hayam Boutique Hotel in einem kleinen, dunklen Zimmer aber mit gutem Frühstück und vorteilhafter Lage am See. Tiberias ist ziemlich voll mit Touristen. Entlang des Sees finden sich eine Reihe von Restaurants. Wir kehrten ein ins Galei Gil mit frischem Fisch aus dem See und guten Wein von den Golan Höhen. Am nächsten Tag umrundeten wir den See mit Abstecher nach Kapernaum, Petrus Heimatort. Kann man anschauen, muss man aber nicht. Deutlich wertvoller war der kleine Schlenker über die Golan Höhen mit toller Aussicht über den See und Richtung Syrien. Letzter Ort im Bibelland war Yardenit, die Taufstelle Jesu, am Beginn des Jordantals. Hier ist Taufen ein Geschäft: Man kann sich in weißen Gewänder (nochmal) taufen lassen. Dabei watet man durch eine Teil des Jordan wie durch ein Kneipp Becken. Wer´s mag… Wir fuhren lieber weiter südwärts durchs grüne Jordantal und später durch das öde Westjordanland. Nur wenige Kilometer östlich liegt die Grenze zu Jordanien. Hier merkt man wieder, wie abgeschottet Israel zwischen den arabischen Staaten liegt. Offene Beziehungen fühlen sich anders an.
Der zu Jerusalem nächstgelegene nördliche Abschnitt des Toten Meers war eine Enttäuschung. Die Strände und das Meer sahen alles andere als einladend aus, ebenso die Restaurants und Bars – auch wenn es die lowest bar on earth ist wie in Kalia Beach. Wir erinnerten uns: Selbst der Concierge in Tel Aviv hatte das Tote Meer nicht als Pflichtprogramm eingeordnet. Besser die Zeit anderen Dingen widmen! Wer archäologisch oder geschichtlich interessiert ist, könnten in Qumran an der richtigen Adresse sein. Dort gibt es Jahrtausende alte Schriftrollen und Ausgrabungen zu bestaunen. Wir fanden es „geht so“. Drei Stunden für Totes Meer und Schriftrollen sind dick bemessen.
Eine schöne Erinnerung haben wir an Bethlehem (mit dem Bus 30 Minuten von Jerusalem). Die Stadt ist quirlig und die Menschen vor Ort freundlich. Zentrum des Interesses ist die Geburtskirche Jesu, die natürlich stark besucht ist. Über eine sich verengende Treppe in der Kirche werden die Besucher durch die eigentliche Geburtsstätte geschleust – wie durch die Engstelle einer Eieruhr. Das ist nichts für Klaustrophobe.
Vom warmen Toten Meer und 400 m UNTER dem Meeresspiegel geht es in frostigere Gefilde – wir hatten Februar! – nach Jerusalem auf gut 750 m über N.N. Die Silhouette von Jerusalem mit der goldenen Kuppel des Felsendoms ist fantastisch. Wir wohnten im Dan Boutique Hotel an der Hebron Road, was einen schönen Blick über die Stadt erlaubt in ruhiger Lage, weit genug weg vom Touristenstrom der Altstadt und dennoch nah genug, dass man alles zu Fuß erkunden kann.
Ich weiß nicht mehr, wie oft und wie viele Kilometer wir durch die Altstadt kreuzten: Grabeskirche, Felsendom, Klagemauer, Kreuzweg, Ölberg, die Stadttore, die verschiedenen Viertel (Christen, Armenier, Juden, Muslime), die Gärten von Gethsemane… vorbei an den unzähligen Souvenir-Ramsch-Läden. Zu Ostern oder in der Hochsaison möchte ich nicht da sein. Aber im Februar/März kann man sich noch einigermaßen flott und stressfrei durch die Altstadt schlängeln. Ein besonderer Rückzugsort ist das österreichische Hospiz mit Dach- und Biergarten, Gösser Bier, Wiener Schnitzel und Apfelstrudel. Felix Austria! Aber Jerusalem? Ist nervig und sehenswert, groß und provinziell, offen und engstirnig, alt und modern, umtriebig und andächtig – alles zugleich und unmittelbar nebeneinander. Auf jeden Fall ist es eine Reise wert. Einmal im Leben.
Den Vormittag vor der Abreise verbrachten wir im Yad Vashem, einer großartig gemachten, imposanten Holocaust Gedenkstätte etwas außerhalb des Zentrums. Ein guter Zeitpunkt und Ort, um die besondere Verbindung zwischen Deutschland und Israel in Erinnerung zu rufen. Wenn man heute über 50 ist, hat man die Verarbeitung der deutschen Geschichte im 2. Weltkrieg unmittelbar mitbekommen. Und man ist aufgewachsen mit zig Israelkonflikten und Kriegen und Friedensbemühungen. Und man ist aufgewachsen, zumal im katholischen Bayern, mit Altem und Neuem Testament. Die Kulisse zu all dem kann man sich vor Ort in Israel anschauen. Wenigstens einmal im Leben.
Israel ist immer spannend und unter Spannung. 100% Ruhe und Frieden wird dort wohl nie sein. Darauf haben sich aber alle eingestellt: Sowohl Einreise, Ausreise als auch das Reisen im Land sind problemlos und unaufgeregt. Zwischenfälle kann es immer geben. Aber das ist ja mittlerweile bei uns in Deutschland nicht anders. Keep cool and visit Israel!
Israel strotzt vor Geschichte. Biblische Ort, Kreuzfahrerstätten, Hochburgen der Religion, Strand und Party, Kriegsstätten – finde deine Vorliebe!
Wir mochten das Essen – mit viel Gemüse und Obst – sehr gern. Auch die Vielfalt der Speisen, von denen viele neu waren für uns, hat uns gefallen. Bei Bier und Wein findet man eine gute Auswahl.
Israel ist ein gute Alternative für eine Verkürzung des Winters oder einen frühen Einstieg in den Sommer. Vor allem Tel Aviv und Umgebung bieten sich an für Strandurlaub. Im Süden ist es sehr trocken und heiß. Im Norden herrscht gemäßigtes mediterranes Klima. In den Bergen kann es im Winter sehr frisch werden.
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