Reisezeit und Dauer
30.3. bis 3.4.
30.3. bis 3.4.
Wir haben seit 8.2.2023 ein reines Elektro-Automobil. Die 40 Jahre davor fuhren wir unterschiedliche Verbrenner (= ganz normale Autos) von Audi, Volvo, VW, Mercedes, Nissan, FIAT, Opel und vor allem Alfa Romeo. Am liebsten hätte ich 2022 einen e-Alfa bestellt, aber die Italiener waren noch nicht so weit. Hybrid zählte nicht als ernsthafte Alternative für mich. Also haben wir kurzerhand und bequemer Weise das Anschluss-Auto bestellt zu unserem Tiguan: einen ID-4 von Volkswagen.
Die ersten 3.000 km unseres e-Auto-Lebens gurkten wir zwischen München, der Oberpfalz und Niederbayern herum. Diese Distanzen von 200 bis maximal 300 km schaffte das e-Auto auch im Winter problemlos. Umso mehr wundere ich mich über e-Auto Skeptiker, die meist ohnehin nur einen Radius von 50 km (oder weniger) im Alltag befahren. Deren Vorbehalt scheint wohl eher eine Prinzipien-Frage und weniger von sachlicher Kritik getrieben zu sein.
Wir waren gespannt, wie sich unser ID-4 bei der ersten Alpenüberquerung schlagen würde. Am 30. März 2023 luden wir die e-Batterie in München Haidhausen voll auf die ausgewiesene Reichweite von 370 km. Dann ging es los Richtung Salò am Gardasee.
Von München bis Kiefersfelden waren maximal 120 km/h zugelassen. Danach greift das „100 IGL“ Gesetz auf der Inntalautobahn. Das ist eher eine Umweltschutz-Verordnung als ein Tempolimit und bedeutet: Es gilt nicht für e-Autos. Wir durften 130 km/h fahren, was aber auch nur selten möglich war, weil die „Verbrenner“ – die nur 100 km/h fahren dürfen – den Verkehr aufhielten…
Summa summarum erreichten wir den Brenner mit 155 km Rest-Reichweite. Das lag erstens am fast durchgängigen Tempolimit und zweitens an der vergleichsweise kurzen Steigung von Innsbruck zum Brenner. 155 km Rest könnten reichen?! Zur Beruhigung steckten wir das Auto an die 50 kWh Dose im Brenner-Outlet-Parkhaus und meine Frau kaufte sich ein Paar Schuhe. Nach gut 30 Minuten war der Wagen wieder voll.
Das Tanken am Brenner (I) war problemlos: parken, einstecken, mit We-Charge RFID Karte freischalten. Wie zuhause, sozusagen. An einer 50kWh Steckdose dauerte das Laden auf wieder 80% ca. 20 Minuten.
Unser nächster Ladestopp war bei einem Ausflug nach Bergamo. Dabei machten wir die Erfahrung, dass es etwas komplizierter werden kann. Die Bediener-Führung an den Zapfsäulen war etwas anders als in München oder am Brenner. Wir mussten erstmal die Angaben in der App lesen, um dann die Station mit einem „richtigen“ Stecker zu finden – der dann auch frei war.
Das klingt auf euren ersten Eindruck vielleicht etwas hektisch, aber rückblickend war es einfach eine Frage der Vorbereitung. Das haben wir dann in Salò gleich besser gemacht und uns eingelesen, wo welche Ladesäulen von welchem Anbieter angeboten werden. Und dann ging alles wie geschmiert.
Da es südwärts leicht und energiesparend ging, war zu erwarten, dass nach Norden der Stromverbrauch höher sein würde. Auch weil der Kofferraum voll beladen war mit Wein.
Wir luden in Klausen wieder auf 370 km, während wir ein letztes Mittagessen in der Sonne genossen. Danach forderte der Brenner seinen Energie-Tribut. Wir landeten mit 40 km Rest-Reichweite fast punktgenau in München Haidhausen. Deutlich entspannter als es sich anhörte, weil wir mittlerweile wussten mit Knappheit umzugehen.
Für die knapp 1000 km in den paar Tagen haben wir einen durchschnittlichen Verbrauch von 22 kWh/100 km gemessen. In Deutschland zahlten wir 50 € Cent pro kWh, in Italien mindestens 70 € Cent.
Wenn ich durchweg vorschriftsmäßig nach Tempolimit gefahren wäre, hätten wir die Strecke von München nach Salò mit einer Ladung geschafft. Aber so weit geht bei mir die e-Liebe dann doch nicht…
Wir fuhren auf Autobahnen zwischen 100 und 130 km/h, auf den Straßen entlang des Gardasees deutlich langsamer. Von München bis Salò brauchten wir 5 h 20 Min reine Fahrtzeit. Umgekehrt genauso. Im Schnitt fuhren wir an diesen vier Tagen rund 85 km/h.
Wichtig ist, bei langen Bergabfahrten und auch bei den Überlandfahrten immer den B-Modus zu nutzen. Dann lädt der Wagen wieder auf. So haben wir bei einem Ausflug in die Berge von Salò nach Persone zwar bergauf deutlich mehr Reichweite als Distanz „verbraucht“, dafür aber bergab von Persone nach Salò wieder so viel aufgeladen, dass wir netto sogar 20 km unter der Distanz blieben.
Sparen kann man auch beim Anfahren: Schnelles Beschleunigen vom Stand weg kostet viel Energie. Also besser sanft anfahren, auch wenn es ab und an Spaß macht, alle anderen hinter sich zu lassenJ
Gewicht ist ein Thema: Daher alles raus aus dem Auto, was nicht zwingend drin sein muss und nicht den Wein spazieren fahren. Die Temperaturen in Italien sind Reichweiten-fördernd. So haben wir in Salò mit diesem Fahrverhalten die rechnerische Gesamtreichweite auf 440 km steigern können.
Es gibt Anfang 2023 eine große Zahl von Ladesäulen – nördlich wie südlich des Brenners. Ein Check der Apps und Standorte vor Abfahrt ist hilfreich. Vor Ort kann man die Lage vor dem nächsten Tanken in Augenschein nehmen. Einen Spaziergang durch Salò nutzten wir, um zu sehen, wo welche Ladesäulen stehen. So geht im Bedarfsfall alles viel entspannter. Umso wichtiger dürfte das zur Hochsaison werden, wenn noch mehr e-Autos auf der Brennerautobahn und um den Gardasee kreuzen werden.
Da die Zukunft eh „e“ ist, macht es meines Erachtens Sinn, so früh wie möglich damit umgehen zu lernen. Ich würde sagen: Man fährt anders, man bewegt sich anders, man verhält sich anders, man „tankt“ anders, man entdeckt neue Stopps und kauft (noch) mehr Schuhe. Es ist vieles neu, manches gewöhnungsbedürftig, aber alles machbar und in Summe kommt für mich ein schönes und vor allem sehr entspanntes Fahrerlebnis dabei raus.
Sicher ist: es ist jedes Mal ein kleiner Beitrag zugunsten von Umwelt und Umgebung.
Laden sollte man immer dann, wenn es geht und nicht erst, wenn die Batterie leer ist. Bis 80% reicht. Schnellladestationen mit 50 kWh und mehr Leistung brauchen dafür keine 30 Minuten. Eine Zwischenladung am Brenner sollte südwärts locker reichen. Nordwärts würde ich in Trento oder Klausen nachladen.
In Deutschland zahlen wir für Strom für den ID-4 in etwa so viel wie für den Diesel früher für den Tiguan. In Italien sind die Strom höher – aber auch die Dieselpreise:) Die Gesamtrechnung mit Steuer, Schmierstoffen etc. brauche ich nicht, um mir das e-Auto vorteilhaft zu rechnen. Ich fahre den ID-4 aus Umweltgründen. Das ist es mir wert.
Thomas Bily, Welfenstrasse 68, 81541 München
Telefon +49 151 580 550 91, E-Mail info@rockingtravel.com
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