Der Oman scheint gerade angesagt als Reiseziel. In vielen Blogs oder Medien lesen wir positive, fast überschwängliche Berichte. Wir sind neugierig, als wir auf dem internationalen Flughafen von Maskat landen.
Die Hauptstadt Maskat
…wirkt künstlich und überdimensioniert für die knapp 5 Millionen Omani – als wäre Los Angeles von Hamburg bis Cuxhaven als Hauptstadt Deutschlands aufgespannt. Hotels, Einkaufszentren, Wohnkomplexe, Regierungsgebäude und Autobahnen werden aus dem kargen Wüstenboden gestampft. Nicht nur elegante Stadtteile wie Khuwayr und Qurum präsentieren sich pompös und luxuriös, aber nur selten attraktiv für das Auge. Die monumentale Oper, die große Moschee oder der gewaltige Sultanspalast – alles wird bezahlt mit Erdöl-Geld und so scheint es keine Grenzen zu geben. Auch nicht für schlechten Geschmack. Die vielen Malls sind so groß, dass man drinnen Achterbahn fahren kann und dabei kaum interessante Shopping-Angebote erspäht.
Wo ist die Altstadt von Maskat?
Im Hafenbereich von Mutrah schimmert der alte Oman an manchen Stellen durch. Der Souk (Markt) fühlt sich an wie ein Gewühl aus engen Gassen und Geschäften. Einladend wirkt das nicht, auch weil wir von allen Händlern angequatscht werden. Wir flüchten zu Fuß entlang des Golfs von Oman bis ins alte Zentrum von Maskat – was gar nicht alt ist. Hier ranken sich moderne Bauten um den mäßig gelungenen Sultanspalast. Ein Altstadtleben mit Cafés oder Basaren oder irgendwelchen orientalischen Stimmungen sucht man in dieser Umgebung vergeblich.
Am nächsten Tag versuchen wir es mit einem langen Spaziergang am gelobten Strand von Qurum. Nur wenige Leute baden im algengrünen, seichten Meer. Ein paar verflüchtigen sich in den vielen Restaurants der Waterfront Qurum. Mit dem, was wir unter Strandleben in Italien oder Frankreich kennen gelernt haben, hat das nichts zu tun.
Bimmah Sinkhole und Wadi al Shab
Die Stadtlandschaften im Oman bleiben eine öde Enttäuschung für mich – nicht mehr als eine baulich gezähmte Wüste. Respekt habe ich vor all den Arbeitern, die der steinernen Wüste wirklich jeden Zentimeter Zivilisation abringen müssen.
Die Hoffnung ruht auf dem weitern Verlauf unserer Rundtour, die uns zuerst Richtung Süden führt. Wir wagen einen Abstecher zum Bimmah Sinkhole, was genauso unspektakulär ist wie ich befürchtet hatte: ein großes Loch mit Meerwasser. Einziger Vorteil: es liegt nur wenige Minuten von der Autobahn entfernt und man verliert kaum Zeit für diese überflüssige Sehenswürdigkeit.
Danach besuchen wir das Wadi al Shab. Der Wanderweg startet, wenig idyllisch, direkt unter der Autobahnbrücke. Und der Rest der Wanderung ist nicht viel besser – aber wenigstens abseits der Autobahn. Wir gingen rund 45 Minuten über Stock und Stein an Palmen und Wasserlöchern vorbei. Ich weiß nicht, ob ich nochmal ein Wadi besuchen werde. Da war die Passage durch überschwemmte Straßen (nach Starkregen in der Wüste!) spannender.
Sur und Wadi Bani Khaled
Wir zuckelten mit unserem trägen Chevrolet nach Sur, die östlichste Stadt der arabischen Halbinsel. Mittlerweile haben wir unserer Erwartungen runtergeschraubt, so dass uns das Hotel Al Ayjah Plaza und das Restaurant Al Hawash sogar überraschen können. Aber dem gepriesenen Souk von Sur kann ich beim besten Willen nichts Positives abgewinnen. Außer vielleicht den Weltrekord an aneinandergereihten Damen- und Herren-Schneider-Geschäften. In keinem einzigen war ein Kunde. Läuft wahrscheinlich alles mit pick-up on-demand.
Meine Wadi-Erfahrung war offenbar nicht nachhaltig genug. Ich lasse mich überreden zum Besuch des Wadi Bani Khaled. Dort schlängeln sich einige Wasserlöcher im Canyon, umgeben von Palmen, Pavillons und Coffeeshops. Wie ein arabisches Freizeitbad mit Ganzkörper-Badeanzügen.
Es lebe die Wüste
Vielleicht lässt die Wüste unsere Oman-Erfahrung aufblühen? Von Sur geht es Richtung Al Wasil. Dort lassen wir an der Tankstelle eine schöne Portion Luftdruck aus den Reifen und düsen mit 70 km/h über die Wüstenpiste zum Desert Nights Camp – mit unserem Front-Antrieb, also ohne 4WD. Die Devise lautet: Wer schnell fährt, bleibt nicht stecken.
Die Anlage mit befestigten Zelten liegt zu Füßen riesiger Sanddünnen. Jeeps karren uns zum Sonnenuntergang die steilen Dünen hinauf. Wir wandern im Sand und stauen über die Wüstenlandschaft.
Fast absurd erscheint, dass wir danach mitten in der Wüste schön den Sand im Deluxe-Zelt abduschen und später am Buffet schwelgen zwischen Lammhaxe, Spaghetti Aglio Olio und ägyptischem Moussaka. Natürlich mit Bier und Wein. Weil in da Wüstn, do gibts koa Sünd! Oder auf Arabisch: Was der Imam nicht weiß, macht ihn nicht heiß.
Am nächsten Tag probierten wir einen kurzen Ritt auf einem Kamel. Für längere Ausritte wären unsere westeuropäischen Hintern eh nicht angelegt. Nach einem letzten Marsch durch die Dünen ging es weiter Richtung Nizwa.
Beim Friseur in Ibra
Wir passieren Ibra, eine Stadt im Nirgendwo, die nicht direkt zum Verweilen einlädt. Ins Auge fällt uns ein Barber Shop. Wahrscheinlich weil ich seit Tagen zum Friseur will. Der Besuch dort ist symptomatisch für unseren Oman Aufenthalt: Der Laden ist überschaubar attraktiv und liegt an einer löchrigen Straße zwischen – natürlich – Damen-Schneider-Geschäften. Der Barbier und die weiteren Kunden sind freundlich, fast herzlich. Mein Friseur legt sich ins Zeug mit Haarschnitt, Kopf- und Gesichts- Wäsche und -Massage für kleines Geld. Nach diesem emotionalen Höhepunkt des Tages geht es weiter durch sehr karge Gegend bis Nizwa.
Über den Dächern von Nizwa
Nizwa soll die heimliche Hauptstadt des Oman sein – auf jeden Fall bietet sie mehr Charakter, Geschichte und Gemütlichkeit als die Betonwüste um Maskat. Das Fort ist einen Besuch wert – auch wegen der fast kitschigen Aussicht auf die Moschee. Schaut auch in den Garten! Der große Souk (Markt) ist generalüberholt. Dort findet man Lebensmittel aller Art – und den üblichen Ramsch.
Wenige Kilometer von der Stadt entfernt liegt das Falaj Darin, ein Bewässerungssystem. Warum die paar Wassergräben UNESCO Weltkulturerbe sind, hat sich mir nicht erschlossen.
Von Nizwa aus kann man die Berge gut erkunden. Wir fuhren zum Aufwärmen nach Misfat al Abriyeen, einem bewohnten Museumsdorf, das malerisch am Hang liegt. Die Oasenlandschaft mit Palmen und Terrassenanbauflächen wird vom Wasser durchspült. Den Ausflug kann man entspannt an einem Nachmittag von Nizwa aus machen. Die einfache Fahrt dauert ca. 1 Stunde.
Wir waren insgesamt drei Tage in Nizwa, zwei Nächte im internationalen Intercity Hotel und eine Nacht im Guesthouse House 76 in der Altstadt. Beides kann ich empfehlen. In der Altstadt gibt es einige Restaurants und Cafés, in denen man sehr ordentlich essen kann. Entlang der Ausfallstraßen gibt es reihenweise günstige Restaurants, die zwar etwas schmuddlig wirken, aber gutes Essen anbieten – und sehr freundlichen Service.
Jabal Shams
Der Ausflug nach Jabal Shams lohnt sich wegen des Grand Canyon des Oman. Den kann man ein Stück weit durchwandern auf dem Balcony Trail. Wir liefen hin und zurück ca. 2 Stunden auf einem gut markierten und problemlos zu begehenden Pfad (auch Kinder und junge Engländerinnen schaffen den Weg). 200 Höhenmeter auf die Distanz merkt man nicht wirklich. Alles in allem ein schöner Nachmittagsspaziergang vor gewaltiger Kulisse.
Eine Übernachtung brauchen wir da nicht. Das Jabal Shams Ressort ist nicht wirklich verlockend und das Sama Heights Ressort ist anscheinend außer Betrieb. Also zuckeln wir die 1 1/2 Stunden zurück nach Nizwa. Die Strecke nach Jabal Shams ist problemlos mit unserem Frontwheel-Antrieb zu fahren. Nehmen wir die orientalischen Exotik weg und betrachten wir die Sache nüchtern, dann ist das wie ein Ausflug von München auf eine österreichische Alm auf 2.000 m. 133 km sind gut asphaltiert und 7 km fährt man auf einem guten Forstweg. Und man arbeitet schon daran, die Lücke zu asphaltieren.
Barka und der Rest
Von Nizwa nehmen wir erst die Autobahn 15 Richtung Barka. Später überrascht uns die Landstraße von Fanja nach Fibra mit schöner Landschaft. Die Festung in Barka thront frisch gespachtelt am Meer an einem trostlosen Platz in einer trostlosen Stadt. Nach dem Besuch der Festung (3 OMR!) und einem Mittagessen im Dhikar Restaurant lassen wir den Wüstensand vom Auto waschen. Mehr gibt Barka nicht her für uns.
Die letzten beiden Tage verbringen wir im Mysk al Mouj Hotel in einem der neusten Luxus-Abschnitte an der Küste. Wir besuchen zwei ausgezeichnete Restaurants im Kempinski nebenan (SoiSoi = thailändisch, Bukhara = indisch) und am letzten Tag die große Moschee des Sultans mit dem Riesen-Kronleuchter aus Stockdorf bei München und dem Riesen-Teppich aus dem Iran.
Fazit
Der Oman landet auf meiner persönlichen Rangliste von über 60 bereisten Ländern auf dem letzten Platz. Ich vermisse im Oman vor allem Charme, Charakter und Esprit. Geologen oder Studienreisende können mit dem Land vielleicht mehr anfangen.
Sehen wir es positiv: Wir hatten eine gute Zeit miteinander und trafen auf freundliche Menschen, die einem das Leben als Tourist leicht machen. Im Oman kann man die Vielfalt der orientalischen Küche entdecken. In Straßenrestaurants zahlten wir 3-5 €, in Touri-Lokalen wie in der Altstadt von Nizwa 7-12 OMR, im Hotel oder gediegenen Restaurants 25-30 € (jeweils für 2 Personen all in). Schweinefleisch gibt es nirgends, Alkohol nur an ausgewählten Plätzen.
Der Sehenswürdigkeiten oder der Landschaft wegen würde ich keinen meiner Freunde in den Oman schicken. Dazu irritiert mich, dass die Religion des Islam das Leben allerorten unübersehbar prägt. Die Vorschriften des Islam sind im Grunde Vorgaben für das weltliche Leben. Das geht mir persönlich stark gegen den Strich, weil ich jegliche Einschränkung der menschlichen Freiheit durch Religion ablehne.
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