Reisezeit und Dauer
26. Juni bis 4. Juli 2010
26. Juni bis 4. Juli 2010
Nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der WM 2018 in Russland tröste ich mich mit grandiosen Erinnerungen an unsere Reise zur WM 2010 in Südafrika. Tobias feierte am 15. Juni 2010 seinen 18. Geburtstag. Ich spekulierte schon eine ganze Weile – nicht ganz uneigennützig – damit, ihm eine Reise zur WM 2010 zu schenken. Blind buchen wollte ich das nicht. Für alle, die 2018 im Tal der Tränen hängen, sei erinnert: Die deutsche Mannschaft lieferte auch vor 8 Jahren ein paar Zitterpartien.
Sieg musste her im letzten Spiel
Nach der Niederlage gegen Serbien musste ein Sieg gegen Ghana im letzten Gruppenspiel her. Die Afrikaner hatten ein paar Chancen der Kategorie: „Den kann man auch mal reinmachen“. Letztlich machte (Achtung Özil Kritiker) ein Tor von Özil den Unterschied. Der Weg ins Achtelfinale war frei. England wartete. Jetzt war es höchste Eisenbahn, die Reise zur WM zu buchen.
2010 war Tobias in der 12. Klasse und Ende Juni war eigentlich Schule. Die Klassenlehrerin machte mir wenig Hoffnung auf eine Befreiung. Und einfach nur so wegbleiben sollte er auch nicht. Also wandte ich mich an den Direktor, von dem ich wußte, dass er großer Fußballfan war. Ich legte die Sachlage dar und setzte die „negative Option“ mit den Worten: „Wenn ich bis Freitag nichts von Ihnen höre, gehe ich davon aus, dass die Woche Abwesenheit für die Reise zur WM 2010 in Ordnung geht.“ Und wir hörten nichts bis Freitag.
Tobias kehrte am Vorabend von der Klassenfahrt aus Holland zurück. Als er daheim ankam, sagte ich ihm nur: „Brauchst gar nicht auspacken. Wir fliegen morgen nach Südafrika.“ Ich weiß gar nicht mehr, was dann passierte, weil ich mich ja selber freute wie ein kleines Kind. Auf jeden Fall saßen wir tags darauf im Flieger nach Johannesburg. Die Reise lief von Anfang an zu unseren Gunsten, wenn ich so zurück denke. Wir nahmen extra eine S-Bahn früher zum Flughafen und stellten dann fest, dass wir keine Minute später auftauchen hätten dürfen – sonst wäre der Check-in abgeschlossen gewesen. Dieses Glück sollte uns die ganze Woche begleiten – in jeder Hinsicht.
Wir landeten am Samstagmorgen und fuhren direkt mit dem Auto nach Bloemfontein, einer blassen Stadt mitten in Südafrika. Nur an jenem Tag war Bloemfontein voll im englischen Partymodus. Schon auf der Autobahn wehten uns englische Fahnen um die Ohren. Deutsche Farben waren eher selten zu sehen. Wir kamen am frühen Nachmittag in unserem Guesthouse an und atmeten erleichtert auf, als die Wirtin uns die Tickets in einem Umschlag überreichte. Es hatte also tatsächlich geklappt. Noch eine Wurst vom Grill und dann ging´s mit dem Auto zum Stadion. Wir parkten keine 100 Meter vom Eingang in einem privaten Hinterhof für 2 Euro Parkgebühr. So gechilled ging es damals in Südafrika bei der WM zu.
Einer der besten Momente der WM Woche war, als die Engländer ihre Hymne schmetterten. Allen Hymnen-Mitsing-Nörglern sei mal gesagt, dass sie, bevor sie beim nächsten Mal über die Spieler meckern, erst mal versuchen sollten, mit dem englischen Publikum mitzuhalten. Gohood save the Queeeeen. Gänsehaut-Moment!
Die Stimmung beim Spiel war fantastisch. Es war lange Zeit sehr eng, auch wenn am Ende ein 4-1 stand. Nach dem Spiel waren wir zum Abendessen in einem Restaurant. Das war voll mit Engländern. Heiße Diskussionen, viel Gesang und Cheers – bis Tobias mit dem Özil Trikot quer durch das ganze Lokal Richtung Toilette ging. Es wurde erst ruhig und dann kamen die ersten Gebote: „50 Pounds for your shirt, young man!“ Da wurde uns klar, dass wir mit 20 Özil Trikots die Reise gut quer finanzieren hätten können. Aber das eine Trikot gaben wir nicht mal für 150 Pfund her.
Auch beim Frühstück am nächsten Tag trafen wir auf enttäuschte Engländer. Sie waren alle fair in der Niederlage, anerkannten eine viel bessere deutsche Mannschaft und jammerten nicht mal wegen der Fehlentscheidung nach Lampards vermeintlichem Ausgleich zum 2-2. Im Gegenteil: Sie meinten, das wäre die Revanche für Wembley. Große Haltung!
Sie fuhren heim. Wir fuhren weiter nach Kapstadt. Nach rund 1.000 km gemütlicher Fahrt checkten wir für ein paar entspannte Tage in unser Guesthouse ein. Natürlich drehte sich auch auf dem Tafelberg, am Kap und auf Robben Island alles um den Fußball. Fans aus der ganzen Welt machten die Stadt zur WM Party-Zone. Die Tage bis zum Viertelfinale gegen Argentinien vergingen wie im Flug. Die Spannung wuchs.
Am Tag des Spiels wanderten wir etwas rastlos durch die Stadt. Es würde unser letzter Tag sein. Direkt nach dem Spiel sollte es zum Flughafen gehen. Unser Zeitplan ließ keine Verlängerung zu. Das merkten wir erst, als wir das Taxi zum Flughafen vorbestellten. Das wird eine ganz enge Kiste.
Um 2 Uhr nachmittags machten wir uns auf Richtung Stadion. Wir wählten, auf Empfehlung der Ordner, einen ruhigen Eingang im Osten des Stadions. Anscheinend sollte das auch der Eingang sein, wo die Mannschaftsbusse passieren würden. Nur wir zwei arme deutsche Seelen standen rum, als der argentinische Bus an uns vorbeischlich und Maradona mit beiden Handflächen an die Fenster schlug und uns irgend etwas zuschrie. Wir schrieen irgendwas zurück. So leicht kriegt der uns nicht unter:)
Das Spiel selber war legendär. Wir standen wieder in dezenter Minderheit inmitten von Argentiniern. Aber der Jubel gehört uns. Meine Spanisch Kenntnisse reichten gerade noch, um den fiesen Tevez nach Hause zu schicken. 4-0! Was für eine Krönung dieser unfassbaren Woche. Besser konnte es nicht mehr werden.
Viel Zeit war nicht mehr für Jubel und Feiern nach dem Spiel. Wir mussten zum Flughafen. Unser griechischer Taxifahrer fuhr nach eigenen Angaben schon seit 20 Jahren in Kapstadt, aber er scheint immer die gleiche Strecke zu fahren. Und die führt ihn wohl nie zum Flughafen. Er stand etwas ratlos im Stau nach dem Spiel. Die Uhr tickte gnadenlos. Noch 20 Minuten für eine Fahrt, die eigentlich 30 Minuten dauern sollte. Wir kamen nur meterweise voran. Dann packte ich meine Ortskenntnisse vom Spaziergehen der letzten Tage zusammen und empfahl ihm eine Abkürzung. Keine 5 Minuten später waren wir auf der Autobahn und er raste, jetzt wieder ganz der Grieche, mit 180 Sachen (bei erlaubten 90) Richtung Flughafen. Wir waren wieder, wie heim Hinflug, die Letzten am Check-in. Rein in den Flieger. Fallen lassen. Durchsage des Kapitäns: „Welcome on board. We are aware, that many of you are not happy today.“. Das war dann der Zeitpunkt, um unsere Fahne zu hissen. Fanden die vielen Argentinier an Bord durchschnittlich amüsant.
Wenn man so eine Woche wie unsere als Reise kaufen könnte, wäre sie unbezahlbar. Dass alles so perfekt und glücklich laufen würde, hätten wir uns nie ausmalen getraut. So aber waren wir Montag wieder in der Schule bzw. in der Arbeit und versuchten zu erzählen, wie das war. Damals in Bloemfontein und Kapstadt. Stell dir vor, du bist in einem der schönsten Länder der Erde mit deinem Sohn, der gerade 18 Jahre alt geworden ist, und erlebst zwei Fußball-Klassiker mit grandiosen Siegen der deutschen Mannschaft und davor und danach und dazwischen läuft alles wie am Schnürchen? Das klingt doch viel zu schön, um wahr zu sein.
Manchmal muss man die Pflicht einfach Pflicht sein lassen und sich einen Traum erfüllen.
Tickets hatte ich über Geschäftskontakte besorgt. Es ist ja bei solchen Großveranstaltungen so, dass ein erhebliches Kontingent an Sponsoren geht. Wenn die ihre Tickets nicht vom Hof bekommen, weil manche Leute Angst haben vor Reisen in etwas exotischere Länder, dann hat man gute Chancen, wenn man dort anklopft. Wir bekamen die Karten für die Spiele der deutschen Mannschaft gegen England und Argentinien in Bloemfontein bzw. Kapstadt hinterlegt. Umgekehrt gesehen: Wir flogen ohne Ticket in der Tasche los. Es lief alles glatt und hochverlässlich. Und selbst vor Ort gab es noch Karten gegen Argentinien und auch für das Halbfinale gegen Spanien hätten wir welche bekommen.
Ich hatte die ganze Reise innerhalb einer Stunde gebucht aus einem Hotelzimmer in Offenburg. Direkt nach dem Sieg gegen Ghana klemmte ich mich an den Computer und buchte Flüge, Auto und Hotel. Das ging flott und war gar nicht mal so teuer für eine Last-Minute-Aktion. Die Tickets musste ich extra regeln am Tag danach (siehe oben).
Man braucht ein Auto in Südafrika. Vor allem wenn man von Johannesburg über Bloemfontein nach Kapstadt muss. Die Straßen waren etwas stärker befahren als in einem „normalen“ Urlaub in Südafrika, aber Reisen war immer noch sehr angenehm und entspannt. Wir fuhren im Corso mit Engländern nach Bloemfontein – aber dann alleine weiter nach Kapstadt.
Thomas Bily, Welfenstrasse 68, 81541 München
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