Reisezeit und Dauer
vom Tagesausflug bis zur Interkontinentalreise
vom Tagesausflug bis zur Interkontinentalreise
Heute hat mich Facebook am meine vor 5 Jahren begründet Freundschaft mit Hinnerk erinnert. Dabei kenne ich Hinnerk schon seit 25 Jahren. Er ist wahrlich ein guter, alter Freund. Bei der Gelegenheit frage ich mich, wie viel wenig ist und wie viel viel sein könnte, wenn es um alteFreunde geht. Und wie lange muss eine Freundschaft währen, damit man von einem alten Freund sprechen darf? So π mal Daumen würde ich sagen: Wenn man sich über mehr als 10 Jahre immer noch trifft, gegenseitig die Telefonnummern hat, sich schreibt und gerne (wenn auch selten) Zeit miteinander verbringt, dann könnte das eine alte Freundschaft werden.
Unsere Kinder, 23 und 25, haben viele Freunde oder gute Bekannte (die Grenzen sind in der Zeit fließend). Erst über die Jahre sieht man wahre (später auch alte) Freundschaften übrig bleiben. Mir ging es so, wie Die Welt schreibt: Mit Start des Berufslebens und Familiengründung lernte ich viele neue Leute kennen – und rannte in das Risiko, gute, alte Freunde zu vernachlässigen und zu verlieren. Erfreulicher Weise hab ich Mitte 40 die Bremse gefunden und mein Leben verändert. Seitdem hab ich mir antrainiert, wieder mehr Zeit für meine Freunde zu widmen. Und keine Ausreden gelten zu lassen (mir selbst gegenüber). Freunde stehen ganz weit oben auf der Liste. Ohne Diskussion.
Mein längster Freund wohnt am weitesten weg. Russell und ich kennen uns seit wir 16 waren. Heute ist er Notarzt in Salt Lake City und wir sehen uns zwei-, dreimal pro Jahr. Das kann in den Rocky Mountains sein, in Frankreich zur Olivenernte, in den Sümpfen von New Orleans, auf einer Wanderung in Cornwall, in seinem Haus in Griechenland oder – lächerlich einfach – bei uns daheim in München. Die nächste gemeinsame Reise führt uns nach Kanada zum Skifahren. Eigentlich hatte ich die Skier schon an den Nagel gehängt angesichts der schneearmen Winter in Europa. Aber Russell ließ nicht locker und so wagen wir das nächste Abenteuer Rocky Mountains – nicht des Skifahrens wegen, sondern für die Freundschaft.
Am besten von meinen Freunden kennt mich wohl Arno. Wir lernten uns am 1. Tag unseres Studiums kennen – im November 1985. 30 Jahre später erfüllten wir unseren Studententraum einer Reise mit der Transsib von Moskau bis Peking. Knapp 10.000 km in 3 Wochen gemeinsam im Zugabteil zu verbringen, ist für alte Freunde kein Problem. Meist schlägt der eine vor, was der andere gern möchte. Eigenheiten gibt es nicht mehr – sie sind längst zu Eigenschaften geworden, die zum Freund gehören. Daher gibt es kein Gezicke, kein Gejammer und kein Schmollen. Die Zeit gehörte der Reise und der Freundschaft. Die alltäglichen Routinen laufen automatisch und störungsfrei nach so vielen Jahren. Am Ende der Reise ist die Freundschaft wieder ein Stück reifer und unverzichtbarer geworden.
Solange es seine Knie hergaben, kam Lutz mit zum Skifahren zu Russell in die Rocky Mountains. Dadurch wurden die beiden Freunde und auch unsere Freundschaft hat seither einen großen Sprung gemacht. Lutz kocht mittlerweile sogar für mich, wenn ich ihn in Hamburg besuche – früher ein unvorstellbarer Stilbruch in unserem Kneipen-affinen Leben. Nach dem Motto: „Hast du sie noch alle?“. Heute fragt er: „Hühnchen oder Rindfleisch?“
Delio lernte ich übers Tennis kennen und stellte dann fest, dass er – wie jeder Italiener Ü50 – Fußballfan ist. Er organisiert jedes Jahr Länderspiele zwischen Deutschland und Italien – besser gesagt zwischen den Seniorentrupps aus München Ost und Bologna Nord. Tonnen von Wein und Bier wurden seither über den Brenner gekarrt. Und es entstand ein Musterbeispiel für deutsch-italienische Freundschaft. Und Delio wies mich in die hinteren Winkel der italienischen Küche ein und ich weiß nun, mit welcher Balsamico Vinaigrette man pfundweise Frühlingszwiebeln verputzen kann.
Mit meinem Freund Udo, waschechter Schwabe und VfB Fan, pflegte ich 2 Jahre eine Ü40 Männer-WG in Stuttgart. Spätestens da sind wir eng zusammen gewachsen. Er ist der Mann für die Ski-Tagesfahrten, die sich anfühlen wie ganze Wochenenden, weil wir direkt einsteigen können ohne großes Abtasten. Alles, was es je zu klären gab, wurde in langen WG Abenden oder später beim Griechen ausgekartelt. Heute geht die volle Energie auf der Direttissima ins Leben.
Abgesehen davon, dass all diese Reisen schöne Erlebnisse waren und nach Wiederholung schreien (und in ihrem Schreien schon teilweise erhört wurden), stehen noch ein paar wichtige Vorhaben auf meinem Zettel:
Auf die Freundschaft.
Freundschaften brauchen Zeit und Leidenschaft. Es geht nicht nur darum, was du bekommst. Sondern es geht vor allem darum, was du dem Freund gibst.
Freundschaften werden nicht nach Kilometern oder Reisebudget bemessen. Der Tagesausflug an den See samt Bierstüberl kann wertvoller sein als 1 Woche Cluburlaub in Marrakesch.
Das einzige Risiko auf Reisen für richtig gute Freunde ist, dass sie das Ende der Reise hinauszögern. Ist bei Tagesausflügen nicht unüblich und kann bei Fernreisen auch mal teuer werden – und trotzdem jeden Cent wert sein.
Reisen mit alten Freunden sind wie Doping für die Seele. Sie helfen aus Tälern und machen Berge noch höher. Sie beschleunigen in Kurven und bremsen ganz spät. Und dabei fühlt man sich jeden Moment sicher und wohl. Wer möchte das nicht jeden Tag haben?
Thomas Bily, Welfenstrasse 68, 81541 München
Telefon +49 151 580 550 91, E-Mail info@rockingtravel.com
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