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Wie sich unser Reiseverhalten verändern wird

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Reisen braucht Leidenschaft

Ort und Zeit

April 2020

April 2020: Der Osterurlaub ist bei bestem Wetter sauber ins Wasser gefallen. Ausgangs- und Reisebeschränkungen verhinderten den gewohnten Sturm der Balearen oder die Eroberung des Gardasees. Bis Pfingsten sind höchstens die Biergärten offen, aber sicher nicht die Grenzen für Wochenend-Trips nach Italien. Die EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen rät ab von der Buchung eines Sommerurlaubs. Die Kreuzfahrt durch die Karibik ist ohnehin tabu. Jetzt fehlt bloß noch, dass man kommenden Winter nicht nach Ischgl darf.

Da simma dabei

„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Drum nehm ich meinen Stock und Hut und tät das Reisen wählen.“ Dieses Lied von Matthias Claudius deutet darauf hin, dass Reisen im 18. Jahrhundert noch als Abenteuer galt. Diese Zeiten sind längst vorbei. In den letzten 25 Jahren mutierte Reisen zur massentauglichen Freizeitgestaltung. Es ging in den letzten 10 Jahren immer mehr darum, den Standort zu verändern und dann per Social Media Name-Dropping der restlichen Welt mitzuteilen.

Dieses Dabeisein kulminierte an Standorten wie Mallorca, Ischgl oder Sylt in Massenevents. Verzicht waren keine Option. Wie sollten man Freunden die Abstinenz erklären? Was, ihr kommt nicht nach Kitzbühel dieses Jahr? Und auch kein Porto Cervo? Der soziale Erwartungsdruck hielt den jährlichen Tross am Laufen.

Kreuzfahrtschiffe waren deswegen so beliebt, weil man viele Standorte in kurzer Zeit abfackeln konnte. Dazwischen traf man sich am Buffet und aktualisierte gegenseitig die Bucketlists: „Wir haben dieses Jahr Tahiti und Alaska erledigt. Nächstes Jahr stehen die Kap Verden und Island auf dem Zettel. Wir haben uns bewusst für Naherholung entschieden, bevor es 2021 nach Japan geht – über Hawaii.“

Hinfahren, abklatschen, heimfahren.

Eine Frage des Nutzens

Der Reise-Boom der letzten Jahre wurde genährt durch günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Immer mehr Menschen hatten immer mehr Zeit und Geld zur Verfügung. Beides muss unter die Leute. Dafür ist Reisen ein ideales Investitionsprogramm. Das Produkt „Reisen“ ist zu einem Convenience Gut gereift mit bequemen Buchungsmöglichkeiten. Man kann schnell mal vom Smartphone aus das Wellness-Wochenende fixen. An unendlich vielen Standorten weltweit erhält man die gewohnte Qualität von zuhause. Tiroler Weidekalb mit Erdinger Weißbier unter karibischen Palmen ist eine der leichteren logistischen Übungen. Land, Leute und Kultur kann man ja, falls es gar nicht anders geht, sehr dosiert einblenden. So viel Annehmlichkeit lässt sich zwei- bis dreimal pro Jahr schultern.

Gruppenzwang, Prestige, Langweile, Länderjagd, Sonnenbräune, Sport, Kultur oder Partyspaß – die Motive der Reisenden sind vielfältig. Darüber will ich nicht urteilen. Jedes Motiv hat seine Berechtigung. Es geht nicht um die Frage, ob man eine Reise ethischer, ökologisch wertvoller oder hedonistisch unterhaltsamer ist als die andere. Es geht mir allein darum, wie das Nutzenversprechen der verschiedenen Motive in einer neuen Corona-geprägten Landkarte standhält. Oder ob vielleicht andere Aspekte mit höherem Nutzen dominieren – und damit unser Reiseverhalten ändern.

Wenn mehr erlaubt ist, als gefällt

Es ist absehbar, dass früher oder später die Ausgangs- und Reisebeschränkungen gelockert werden. Schon bald dürfen Wirtshäuser und Hotels wieder öffnen. Biergärten und Kioske werden die Rückkehr in eine neue Normalität erleichtern. Bald darf man vielleicht wieder nach Italien und Österreich fahren mit dem eigenen PKW. Etwas später darf man wieder Flugreisen antreten, wenn auch mit Maske oder mit Abstand von zwei Reihen. Restaurantbesuche mit Maskenpflicht könnten allabendlich eine Stimmung wie beim Karneval in Venedig einläuten.

Egal wie viele formale Lockerungen umgesetzt werden. Eine Rückkehr zu Reise-Zeiten wie vor Corona ist nicht denkbar. Ein paar Fragen zur Selbstreflektion:

  • Würdet ihr in absehbarer Zeit, sagen wir vor 2022, eine Kreuzfahrt buchen?
  • Würdet ihr Skiurlaub buchen für kommenden Winter in Ischgl oder St. Anton?
  • Würdet ihr mit euren Kindern im Sommer 2020 an Italiens Strände fahren?
  • Würdet ihr eine Rundreise in China buchen oder in Indien?
  • Würdet ihr euch einlassen auf eine Gruppenreise mit unbekannten Teilnehmern aus anderen Ländern? Und mit denen ein Zimmer teilen?
  • Würdet ihr der Einladung eines Freundes folgen, den 50. Geburtstag auf Mallorca in großer Runde zu feiern?
  • Würdet ihr eine Reise plus Ticket zum Endspiel der Fußball Championsleague antreten – geschenkt zu Weihnachten…?
  • Würdet ihr zum Abschiedskonzert eurer Lieblingsband reisen?
  • Würdet ihr zu einer Jubiläumsfeier im Sommer 2020 im erweiterten Kollegenkreis zusagen?
  • …

Vor diesen Entscheidungen stehen Millionen von deutschen Reise-Konsumenten in der Post-Corona-Zeit 2020. Ihr könnt die Antworten an eurem persönlichen Beispiel und eurer persönlichen Umgebung durchspielen. Ihr werdet feststellen, dass ihr in einer spürbaren Zurückhaltung enden werdet.

Neue Bedingungen im Reisemarkt

Dazu kommen formale Einschnitte, die längst gemacht wurden, die wir aber noch nicht spüren. So als ob einem das Auto gestohlen woren wäre, das man aber nicht sonderlich vermisst, so lange man nicht raus darf…

  • Weltweite Reisewarnungen und Beschränkungen
  • Absage von Veranstaltungen
  • Ausgedünnte Angebote u.a. von Fluglinien und Kreuzfahrt-Anbietern
  • Insolvenzen von Lokalen, Unterkünften, Event-Agenturen
  • Einschnitte im Reisebudget wegen Kurzarbeit oder weniger Einkünften
  • Zeit-Engpässe wegen vorgezogenem Urlaub oder Kinderbetreuung
  • …

Kurzum: Die Nachfrage nach Reisen sinkt, weil andere Dinge wichtiger werden – etwa Sicherheit und Nähe zu Familie und Freunden. Das lässt das Angebot schrumpfen, wie Fluglinien und Hotellerie schon jetzt erleben müssen. Das lässt die Preise steigen. Das wiederum bewirkt, dass sich weniger Menschen Reisen erlauben können und wollen. Noch dazu, wenn der erwartete Nutzen deutlich beschnitten wurde. Ein Teufelskreis? Vielleicht auch nur ein bereinigendes Gewitter in unserem Reiseverhalten.

The Day After

Zukunftsforscher, Psychologen und Philosophen sprechen davon, dass wir die Zeit nach der Krise als Befreiung erleben werden. Wir stellen fest, dass wir auf viele Dinge, die wir aus zweit- oder drittklassigen Motiven taten, leicht verzichten konnten. Ja, dass es sich sogar besser lebt ohne diese Unternehmungen, die wir im Grund unseres Herzens nie wirklich leidenschaftlich angingen.

Wenn ich mit Freunden darüber diskutiere, wie die Zeit danach sein wird, kommt unisono von allen – egal welcher Herkunft, Einkommensklasse oder Gesinnung – die gleiche Botschaft: „Es wird nie mehr so wie davor. Und das ist gut so. Ja, hoffentlich ändert sich einiges.“

Es ist ein sehnlicher Wunsch nach Veränderung und Vereinfachung unseres Lebens spürbar. Allein das bürgt dafür, dass auch unser Reiseverhalten nie mehr so sein wird wie davor. Für mich zeichnet sich folgendes Bild ab:

  • Überbordende Massenveranstaltungen und exzessiver Massentourismus gehören der Vergangenheit hat. Ballermann, Oktoberfest und Après Ski im Ischgl Style werden an die Leine gelegt, gebändigt und ernüchtert.
  • Venedig, Florenz, Amsterdam & Co und ihre Bewohner können wieder durchatmen.
  • Die Reisenden, die fremde Länder und Kulturen lieben, können wieder Reise-Genuss erleben.
  • Eine Reise wird wieder zu einer Investition, die Geld, Zeit und Leidenschaft verlangt. Die, die das nicht aufbringen wollen, werden zuhause bleiben.
  • Wir werden wieder mehr achten auf Service, Freundlichkeit und Nachhaltigkeit. Das Motto „Hauptsache billig, viel und wie zuhause“ hat ausgedient.

In diesem Sinne werden wir, unsere Familie, auf jeden Fall weiterhin viel reisen. Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn die Grenzen wieder offen sind und bin gespannt, wie die Reiselandschaft 2022 aussehen wird.

Musik hilft immer

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