Restart für Reisen – bloß wie und wohin?
Mitte Mai 2020: Wir haben zwei Monate Ausgangsbeschränkungen hinter uns und stolpern über schrittweise Lockerungen in eine neue Normalität. Es ist abzusehen, dass weitere Beschränkungen fallen werden. Vielleicht gibt es an der einen oder anderen Stelle eine Schleife zurück zu einer Verschärfung – etwa in Landkreisen, wo das Virus wieder schneller voran kommt. Aber im Großen und Ganzen geht es Richtung Öffnung von Hotellerie, Gastronomie, Grenzen und damit hin zur Reanimation des Tourismus.
Die formale Erteilung von Erlaubnis ist eine Sache. Bei vielen Reisewilligen hängt trotzdem weiterhin Angst im Nacken, ein flaues Gefühl in der Magengrube oder sie haben sich grundsätzlich verabschiedet vom Ausland – bis auf weiteres. In Summe werden wir Konsumenten uns so zögerlich verhalten wie beim Restart der Geschäfte und des öffentlichen Lebens in Städten, Geschäften und Gasthäusern. Dort fielen zwar auch Schranken. Aber das heißt noch lange nicht, dass die Menschen sofort wieder auf Reisegeschwindigkeit laufen. Oder anders rum formuliert: Es wird dauern, bis der Reise-Motor wieder so anspringt, dass man annähernd wieder von Massentourismus sprechen kann. Wir finden das nicht so schlimm.
Chancen im Neustart des Tourismus
Wenn das Leben aus der Starre erwacht, erwartet diejenigen viel Freiraum, die zu den Ersten gehören, die sich locker machen. Die meisten werden – so wie immer – abwarten und schauen, was die anderen machen. Wenn dann alle machen, worauf alle gewartet haben – dann ist es zu spät. In der jetzigen Phase herrscht Goldgräber-Stimmung in Sachen Reiseaktivitäten. Viele wissen: Jetzt gleich, wenn die Grenzen geöffnet werden, müsste man loslaufen und voranstürmen. Aber die allerwenigsten werden das dann auch so in die Tat umsetzen.
Wir haben schon Pläne für die Zeit nach den Grenzöffnungen in der Schublade. Natürlich wollen und werden wir nicht so reisen wie in der Zeit vor Corona. Allein die weiterhin geltenden Beschränkungen machen das unmöglich. Vorteil ist: Die neue Konstellation der Reiselandkarte macht es nicht nötig zu buchen, zu reservieren oder gar schon zu packen. Man hält die Fäden in der Hand und kann frei und flexibel entscheiden. Man kann zwar nicht alles machen, aber das, was erlaubt ist, ist mehr als genug für ein Reise-Leben.
Das wahre Geheimnis liegt darin, innerhalb des Erlaubten so früh wie möglich aktiv zu werden. Nach gesundem Menschenverstand betrachtet dürften folgende paar Leitlinien hilfreich sein bei der Reiseplanung für die Zeit nach Corona:
- Entdecke Deutschland! Es ist ja nicht so, dass wir innerdeutsch schon alles gesehen hätten… Unsere Planungen schweifen um Deutschland und seine Länder. Wo lauern noch unbekannte interessante Flecken? Sollen wir endlich die grünen Seiten des Ruhrgebiets entdecken? Ich wollte schon immer auf eine ostfriesische Insel. Ortenau, Lausitz, Mainufer, Saarschleife… Allein diese innerdeutschen „Ausweich-Ziele“ reichen für fünf Corona-Krisen. Die aktuellen Buchungszahlen belegen diesen Trend.
- Kennst du den EU-Schengen-Raum? Es deutet sich an, dass innerhalb des Schengenraums die nächsten Grenzöffnungen in Kürze vollzogen werden – und dass wiederum die Grenzen von Schengen nach außen, also in den Rest der Welt, weiter abgeschottet bleiben. Das vergrößert die Reiselandkarte so weit, dass für die allermeisten Reisenden in 2020 kein Destinations-Engpass zu erwarten ist. Wohin könnte es gehen? Die Klassiker Italien, Spanien oder Portugal drängen sich auf. Ungarn qualifiziert sich vielleicht. Österreich biedert sich an. Skandinavien war schon immer social-distance-mäßig gut aufgestellt – da tritt man sich nicht auf die Füße. Irlands Küste oder Frankreichs Südwesten sind immer ein Traum. Allein die Gedanken sind reiner Luxus.
- Individualreisen statt Massentourismus! Erstens gibt es von Haus aus weniger Flugkapazitäten. Das hält die Preise höher. Das bremst die Nachfrage. Zweitens gibt es sehr viele, die „lieber mal zuhause bleiben dieses Jahr“. Drittens wird der große Rest mit dem eigenen Gefährt unterwegs sein und nicht auf den Haupt-Touristenpfaden und Busse oder gar Pauschal-Bomber meiden. Für den Rest wird es keinen Grund zur Eile geben. Man kann in Ruhe entscheiden und entschleunigt reisen. Wir planen Wanderungen. Mit dem Zug hin, wandern, dazwischen mit Zug oder Taxi weiter, am Meer chillen, weiter wandern… Die Nachfrage nach Wohnmobilen und Campern hat sich deutlich verstärkt und ist Beleg für den Wunsch nach individueller Mobilität.
- Mut zur Lücke! Wenn man sich dieses Szenario vor Augen hält, tut sich eine große Lücke auf zwischen Zeit des Erwachens und der Neuformierung eines neuen Massentourismus. In diese Lücke lässt sich vortrefflich stoßen. Beispielsweise könnte man in Ruhe auf einer Wanderung die Amalfiküste im Juni entdecken… Oder im Juli wieder einmal die Lavendelernte in Südfrankreich erleben… Oder im August im Bayerischen Wald wandern und die UNESCO Kulturerben an der deutsch-tschechischen Grenze entdecken… Oder entspannt im September in Griechenland am Strand liegen bei Frappé und Ouzo… Genau das sind unsere Pläne. Und ich finde es nicht übertrieben:) Zuhause waren wir zuletzt lange genug.
- Auf die Plätze, fertig, los! Die eben beschriebenen Entwicklungen sind alle vorhersehbar und ziemlich sicher. Die Schlüsse daraus zu ziehen und die Entscheidungen für das persönliche Reiseverhalten zu treffen – das müsst ihr allerdings selber machen. Auch beim Reisen wird im Rückblick gelten: „Es gab Verlierer und Gewinner nach der Corona Krise“. Den Satz „Wären wir doch damals bloß nach Dingenskirchen gefahren“ könnt ihr euch schenken oder auf den Grabstein meißeln lassen. Auf meinem Grabstein sollen eher Reiseziele stehen, schöne Erlebnisse und unvergessliche Momente, die nur dadurch möglich wurden, dass wir zu den Ersten gehörten, die wieder anfingen die Welt zu entdecken – nach einer kargen Zeit der Beschränkungen.
Es lebe das Leben und das Reisen!
Alle Fotos stammen übrigens aus der Zeit vor Corona. Auch da war zur richtigen Zeit am richtigen Platz schon genügend Raum für Social Distance.
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