Reisezeit und Dauer
Juni 2018
Juni 2018
Shanghai war Anfang und Ende meines 12-tägigen Besuchs in China und ich habe schnell verstanden, warum es hierher so viele junge Menschen aus der ganzen Welt zieht. Hier spielt die Musik für die Zukunft. Unser gepflegtes Deutschland wirkt dagegen wie ein moderiertes Altenheim. In Shanghai dagegen geht die Post 24/7 ab.
Kaum gelandet, taucht man in die Zukunft. Es ging gleich richtig cool los mit dem Airport-Express “Maglev”, einem Transrapid, der zu den Stoßzeiten zwischen 9h und 11h sowie 13h und 17h auf 430 km/h beschleunigt. Die 30 Km bis zur U-Bahn Station Longyang Road (Linie 2) legt der “Maglev” in geschmeidigen 8 Minuten zurück.Fast schämt man sich ein bißchen für die gescheiterte Transrapid Planung in Deutschland, deren einzige Erinnerung das Gestammel von Stoiber bliebt: “Dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen … am … am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug.”
Ein Roundtrip kostet 80 RMB, also etwa 10 Euro. Warum wurde das in München nochmal abgelehnt? Wegen der nicht darstellbaren Fahrtkosten?
Anders als viele asiatische Städte dieser Größenordnung – man denke an Delhi oder Bangkok – wird man aber bei Ankunft in Shanghai gleich förmlich erschlagen von all den Eindrücken, Gerüchen und Menschenmassen. Irgendwie fühlt sich das hier alles wenig chaotisch an. Die Stadt ist sauber, alles läuft nach Plan (inklusive des riesigen U-Bahn-Systems) und Armut scheint es zumindest in der Innenstadt nicht wirklich zu geben.
Lea wohnt an der East Nanjing Road in einem Hochhaus mit Blick auf die berühmte Skyline. Die Lage ist sensationell, einerseits direkt an der von Shopping Malls gesäumten Nanjing Road in fußläufiger Distanz zum “Bund”, der beliebten Uferpromenade Shanghais von der aus man die Skyline auf der anderen Seite des Flusses sehen kann. Andererseits in einem Viertel, das durch viele kleine authentische Restaurants besticht. In dieser Gegend kann man sich durchaus nach einem Hotel für einen Shanghai-Aufenthalt umsehen.
Alternativ kann man sich auch mitten in der “Former French Concession” für ein paar Tage ein Unterkunft suchen, etwa in der Nähe der U-Bahn-Station South Shaanxi Road. Das Viertel erstreckt sich über einen Großteil der südlichen Innenstadt. Hier lebten Ende des 19. Jahrhunderts die französischen Händler Shanghais, deren Einfluss man heute noch bemerkt. In der französischen Konzession kann man wunderbar spazieren gehen und in den von Bäumen gesäumten Straßen gibt es zahlreiche westlich angehauchte süße Cafés und kleine Restaurants. Wir haben uns je eines der in Massen vorhandenen Bike-Sharing-Räder ausgeliehen und sind durch das französische Viertel geradelt. Die French Concession ist definitiv lebenswert. Ein “echtes” China-Gefühl kommt hier allerdings nicht rüber.
Die U-Bahn ist auch in Shanghai die Lebensader der Stadt. Ganz anders als z.B. in Paris und eher wie in Moskau läuft man mit Pech schon mal 15 Minuten bis zur nächsten Station. Dafür geht’s dann aber auch rasant voran. Die Stationen und Bahnen sind sehr sauber und klimatisiert, die Ansage ist auch auf Englisch.
So etwas wie ein 5-Tages-Ticket gibt es nicht. Entweder kauft man sich eine Einzelkarte oder aber man besorgt sich an einem Serviceschalter in der Station eine U-Bahn-Karte, auf die man sich dann Geld laden kann. Preislich macht das keinen Unterschied, ist jedoch sehr viel bequemer, da man an den Automaten für die Einzelkarten häufig nur mit Münzen bezahlen kann. Eine Fahrt kostet, je nach Entfernung, rund 40 Cent (3 bis 5 RMB). Dadurch wurde auch unsere Taxi-Sucht des bisherigen Urlaubs ein wenig gebändigt.
Shanghai gibt sich westlich, modern und wohlhabend. Klassischerweise würde man bei asiatischen Großstädten jetzt sagen “Hier trifft Tradition auf Moderne” und 5 Euro ins Phrasenschwein werfen. Das mag für den Rest von China gelten, gefühlt ist Shanghai aber eigentlich nur modern. Zwar gibt es noch die Shanghaier Altstadt rund um den Yu-Garden, diese scheint aber – ähnlich wie in Dali und Lijiang – nur für touristische Zwecke zu existieren. Jeder Quadratmeter ist hier mit meist trashigen Souvenirläden zugepflastert. Kann man sich anschauen, muss man aber nicht.
Stadtgeschichte ist, anders als z.B. in Berlin, nicht fester Bestandteil von Shanghai, sondern mehr ein Relikt aus alten Tagen. Nostalgie scheint auch hier ein Fremdwort zu sein. Es geht voran und nicht zurück, so die von mir empfundene Mentalität der Chinesen. Vielleicht können wir uns in Deutschland zumindest eine kleine Scheibe davon abschneiden (Transrapid!!).
Eine interessante Erfahrung ist der Fake-Market in der U-Bahn-Station des Shanghai Science and Technology Museums (Line 2). Das Museum selbst ist ziemlich enttäuschend, dafür kann man im Untergeschoss sehr gut gefälschte Waren kaufen, wie Sonnenbrillen, Schuhe, Fußballtrikots und Uhren. Manchmal sind die Sachen wirklich so gut gefälscht, dass wir uns gefragt haben, ob das nicht doch aus der Original-Fabrik kommen könnte. Hier kann man seine Verhandlungsfähigkeiten zum Einsatz bringen. Die ursprünglich von den Verkäufern verlangten Preise sind nämlich mindestens 500% zu teuer.
Wer gerne Bier trinkt, wird in China größtenteils enttäuscht sein. Zu wenig Geschmack haben die lokalen Erzeugnissen für den verwöhnten bayerischen Gaumen. Anders verhält es sich jedoch mit chinesischem Craft Beer, das langsam aber sicher auch in China zum Trend wird. Besonders IPAs aus Peking können sich inzwischen wirklich sehen lassen.
Die Hochhäuser in Shanghai sind häufig kunstvoll und liebevoll gestaltet und Architekturinteressierte kommen hier bei einem Spaziergang auf der Nanjing Road vom Bund gen Westen bis zum Jing’an Temple (ca. 1,5 Stunden) definitiv auf ihre Kosten.
Auch aus der Vogelperspektive betrachtet ist das Stadtbild beeindruckend. Wer Shanghai von oben sehen will, der hat gleich mehrere gute Optionen. Schließlich strotz die Skyline nur so von durchdesignten Hochhäusern, eines außergewöhnlicher als das andere.
Lea war bisher auf den Aussichtsplattformen des Shanghai Tower und Pearl Tower und in einer Bar des “Flaschenöffners” (Shanghai World Financial Center). Für alle Aussichtsplattformen gilt, dass sie für chinesische Verhältnisse außergewöhnlich teuer sind. Der Eintritt in den Pearl Tower kostet ¥220 pro Person, für den Shanghai Tower zahlt man ¥180. Dafür hat der Pearl Tower neben der Aussicht noch ziemlich viele Extras zu bieten, zum Beispiel einen Glasboden in der oberen Kuppel und ein Museum sowie ein Kino und eine Achterbahn in der unteren Kuppel. Der Shanghai Tower lohnt sich aus dem Grund, dass er das zweithöchste Gebäude sowie die höchste Aussichtsplattform der Welt ist. Außerdem ist es ziemlich cool, auf die anderen Hochhäuser herunter zu schauen. Am besten legt man den Besuch so, dass man sowohl bei Helligkeit als auch bei Nacht oben ist, da sich das Stadtbild mit all den Lichtern unglaublich verändert.
In den Flaschenöffner und den Jin Mao Tower kommt man kostenlos in sehr hoch gelegene Bars, die hauptsächlich wegen der Aussicht interessant, ansonsten jedoch etwas zu schick für unseren Geschmack sind. Die Aussichtsplattform des Flaschenöffners soll auch ziemlich toll sein, da man über der Öffnung des Gebäudes, die ihm seinen absolut berechtigten Spitznamen gibt, auf einem Skywalk mit Glasboden entlang gehen kann.
Doch auch von unten ist es bereits ein tolles Erlebnis, sich zwischen den Hochhäusern der Skyline umzuschauen. Am besten, man fährt nach Einbruch der Dunkelheit (aber vor 22 Uhr, denn dann gehen die Lichter aus!) mit der U-Bahn Linie 2 nach Lujiazui. Der Ausgang 2 führt einen mitten zwischen die erleuchteten Türme und man fühlt sich wie in einem Science-Fiction-Film, wenn man auf dem Skywalk flaniert.
Unsere kulinarische Reise ging natürlich auch in Shanghai weiter. Die Shanghai-Küche selbst ist gar nicht so präsent bzw. besonders interessant, allerdings strotzt die Stadt nur so von einer Fülle an abwechslungsreichen Restaurants. Von 1,50€ bis 50 Euro für eine Mahlzeit findet man alles, was die chinesische, asiatische und westliche Küche hergeben.
Nicht entgehen lassen sollte man sich Hot Pot, das chinesische Pendant zu Fondue aus der für Ihre Schärfe berühmten Provinz Sichuan. Hot Pot ist, genau wie Fondue, ein soziales Event, und man verbringt häufig um die zwei Stunden im Restaurant. Man entscheidet sich zunächst für eine Brühe und anschließend für die Zutaten, die man im Feuertopf in diesen Brühen kocht. Am interessantesten ist sicher eine Kombination aus drei verschiedenen Brühen, nämlich Pork-bone-Brühe, Pilz-Brühe und Sichuan Spicy. So kann man verschiedene traditionelle Geschmäcker ausprobieren und sich ab und zu mal von der Schärfe der Sichuan-Brühe erholen.
Die größten Hot-Pot-Ketten in Shanghai heißen Haidilao und 九鼎轩脆毛肚火锅 Tripe Hot Pot. Beide sind sehr zu empfehlen, da man sich hier frei entscheiden kann, ob man sich verrückte Dinge wie Kuhmagen oder Schweinehirn, oder doch lieber Rinderfilet und Kartoffeln bestellt. Außerdem kann man seine eigenen köstlichen Saucen am Buffet mischen und die Preise sind ziemlich fair. Je nachdem, was man bestellt und wie viele Leute mitessen, können die Preise zwischen 80 und 150 RMB variieren. Es ist auf jeden Fall ein einmaliges Erlebnis, das kein China-Reisender verpassen sollte!
Wenn es einen mal wieder nach etwas “Normalem” sehnt, dann muss man sich in Shanghai auch darum keine Sorgen machen. Um den Jing An Temple herum gibt es tatsächlich sehr konkurrenzfähige westliche Restaurants, und man findet Burger, Salate, Pizza, Pasta und gleich mehrere Bio-Ketten. Die Gegend um Xintiandi ist der Inbegriff für stylische, aber teure westliche Küche. Wir haben uns nach 10 Tagen experimenteller China-Kost ein Mittagessen bei dem österreichischen Star-Koch Wolfgang Puck gegönnt. Unsere drei leckeren Gänge (Suppe, Salat und Steak oder Fisch) kosteten uns pro Person um die 20 Euro. Direkt gegenüber befindet sich das Shanghaier Paulaner Bräu. Die Preise fürs Essen sind hier erstaunlicherweise O.K., für die Maß zahlt man allerdings unglaubliche 20€ – und das, obwohl Paulaner eine eigene Brauerei in China hat!
Für aktuelle Events und Aktionen kann man sich ruhig einmal auf den Seiten Smart Shanghai und Time Out Shanghai umschauen. Hier findet man außerdem Informationen zu Restaurants, Bars und anderen öffentlichen Orten, ähnlich wie auf TripAdvisor – aber mit etwas spezifischeren und nützlicheren Informationen.
Thomas Bily, Welfenstrasse 68, 81541 München
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