Ort und Zeit
3.-5. Juli 2020
3.-5. Juli 2020
Unsere Tochter Julia studiert seit 18 Monaten in Hamburg. Es wurde höchste Zeit für einen ersten Besuch nach den Reisebeschränkungen. Hamburg liegt 800 km von München entfernt. Das ist uns einen Tacken zu weit für einen Wochenend-Besuch per Auto oder Zug. Also buchten wir einen Flug. Den ersten nach Corona. Mal sehen, wie der Flugbetrieb abgewickelt würde in Zeiten von Social Distance und Masken.
Als ich vor vier Wochen am Flughafen München war, herrschte noch gespenstische Leere. Corona hatte den Betrieb fast zum Erliegen gebracht. Die riesige Anzeigetafel mit den Abflugzeiten war damals nur zu einem Drittel befüllt. Anfang Juli, zur Sommerurlaubs-Hochsaison nimmt der Flugverkehr an Fahrt auf. Die großen Hallen in München sind zwar weiterhin vergleichsweise spärlich frequentiert, aber es keimt neues Leben am Flughafen. Die Anzeigetafel ist voll, aber nur 3 von 70 Flügen weisen an diesem Freitagmorgen Ziele außerhalb Europas aus: nach Doha, Montreal und San Francisco.
Wir wollen ja nur nach Hamburg. Den Check-In hatten wir wie immer von zuhause aus online erledigt. Wir reisten per Auto zum Flughafen an. Im Internet gab es eine günstige Wochenend-Pauschale von 33 € für 3 Tage (regulärer Preis: über 100 €). In den Parkhäusern sind trotzdem nur wenige Reihen belegt, so dass wir quasi vor die Abflughalle fahren konnten. Die Abfertigung ging flott ohne Wartezeiten über die Bühne – bei Hin- und Rückflug. Beim Boarding bildet sich eine Schlange: Unser Flug war gut gebucht und der geforderte Abstand verdoppelt Warteschlangen in diesen Tagen. Die Flieger scheinen trotzdem alle pünktlich. Verspätungen sind zumindest nicht angekündigt.
Im Flieger sitzt man mit Maske neben fremden Menschen – ohne Sicherheitsabstand. Der Service während des Fluges ist reduziert. Aus Hygienegründen bekommen nicht alle Snacks und Getränke. Aber es gibt ein reduziertes Angebot ab 3 €. Kleiner Tipp: Mit dem Erwerb eines Getränks kauft man sich quasi frei von der Maske – man muss ja trinken. Das Aussteigen wird Reihe für Reihe abgewickelt, so wie es vernünftiger Weise sein sollte. Passagiere, die durch schnelles Aufstehen Raum gewinnen wollen, werden eingebremst. Vielleicht können wir das in die neue Normalität retten.
Am deutlich kleineren Flughafen Hamburg löste die moderate Zahl der Reisenden schon fast den Eindruck von Gedränge aus. Es tut gut zu sehen, dass die Welt sich wieder berappelt, auch wenn sie noch weit von der Betriebsamkeit früherer Tage entfernt ist. Auch in den Straßen, Geschäften, an den Sehenswürdigkeiten, in den Restaurants, Bars und Hotels ist eine Wiederbelebung zu spüren. Am Samstag erinnerten nur noch die Masken, dass hier etwas anders ist als früher. Allerdings: Bei einem Anlass wie einer Städtereise wird eklatant klar, wie sehr die Einschränkung von kulturellen Angeboten fehlen. Museen und Ausstellungen öffnen zwar Schritt für Schritt. Aber kein Fischmarkt, keine Konzerte, keine Musicals… Ganz abgesehen von vielen Clubs, die nicht in unserem Alter, aber im Leben einer Studentin eine wichtige Rolle spielen sollten. Diese kulturellen Angebote sind wie die Grünanlagen einer Stadt: Man nutzt sie zwar nicht oft selber, aber sie tun dem Leben und den Menschen der Stadt gut.
Reisen in große (und schöne) Städte wie Hamburg sind – rein nach Anreise, Kost&Logis bewertet – gut möglich im Sommer 2020. Man sollte aber darauf gefasst sein, dass man bei Bewegungen im öffentlichen Raum einen Mundschutz tragen muss: in Läden und Einkaufspassagen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in der Schlange vorm Ticketschalter (etwa im Museum), in Hotels und Restaurants (solange man nicht am Tisch sitzt)… Das ist einerseits nachvollziehbar, weil sich in Städten einfach deutlich mehr Menschen auf engem Platz bewegen als auf dem Land. Andererseits sind gerade im Juli 2020 die Infektionszahlen so weit gesunken, dass das Aufwands-Schutz-Verhältnis meiner Ansicht nach etwas aus der Balance gerät.
Man kann ein Wochenende in Hamburg genießen mit Spaziergängen an Alster und Elbe, durch die schönen Stadtteile und die Speicherstadt. Trotzdem sind Städtereisen nicht mein heißester Tipp in dieser Corona-Zeit. Außer man hat eine Tochter, die dort studiert. Das zerschlägt alle Bedenken. Ansonsten würde ich eher aufs Land fahren und in weniger touristische Gegenden. Da tut man sich leichter mit den Regeln.
Thomas Bily, Welfenstrasse 68, 81541 München
Telefon +49 151 580 550 91, E-Mail info@rockingtravel.com
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